1. Das Projekt und seine Geschichte | The project and its history
2. Bilder des Globus | Images of the globe
3. Forschung: Semantische Modellierung | Research: Semantic modeling
4. Semantische Datenbank: Der Stellenkatalog | Semantic Database: The catalog of places
1. Das Projekt und seine Geschichte
Die letzte umfassende wissenschaftliche Bearbeitung des Behaim-Globus erfolgte durch E.G. Ravenstein im Jahre 1908. Zum 500jährigen Jubiläum veranstaltete das GNM 1992/1993 eine große Ausstellung "Focus Behaim Globus", die in einem zweibändigen Katalog dokumentiert ist. Im Rahmen des Ausstellungsprojekts und darüber hinaus wurde umfangreiches Bild- und Textmaterial über den Globus und sein kulturelles Umfeld erarbeitet. Vieles davon ist noch unveröffentlicht, insbesondere eine neue Sichtung der Oberflächenstruktur und eine am Objekt erfolgte Neulesung durch Prof. Dr. Ulrich Knefelkamp (damals Univ. Bamberg), die als Textgrundlage für alle weiteren Arbeiten dienen sollte. Somit ist eine umfassende moderne wissenschaftliche Aufarbeitung des Behaim-Globus immer noch eine dringende Aufgabe für die kulturhistorische Forschung.
Bereits während der Ausstellung entstand der Plan, eine wissenschaftliche Neubearbeitung in einer Zusammenarbeit von FAU / FORWISS und GNM auf der Grundlage der erarbeiteten Forschungsdaten unter Zuhilfenahme der Informationstechnik vorzubereiten. Darauf aufbauend sollte eine digitale und gedruckte neue Edition des Behaim-Globus erstellt werden. Die digitale Erschließung des Globus, die den gesamten Bildbestand und eine neue kritische Lesung sämtlicher Globusinschriften inklusive aller historischen Lesungen sowie einen umfassenden Katalog aller visuell relevanten Stellen auf der Globusoberfläche umfasst, ist somit der Ausgangspunkt für eine neue Edition. Das Editionsprojekt begann mit dem Entwurf eines Systems zur Sicherung der erarbeiteten Forschungsdaten in einer Datenbank mit dem Ziel einer vollständigen semantischen Erschließung auf der Basis einer formalen Ontologie, die die Grundlage für eine systematische Klassifikation aller identifizierten (geographischen und nicht-geographischen) Orte auf seiner Oberfläche samt ihren Eigenschaften und Positionen bildet.
1995 konnte ein einschlägiges Projekt mit einer zweijährigen Förderung durch die Fritz-Thyssen-Stiftung auf den Weg gebracht werden. In diesem Zeitraum wurde ein funktionsfähiges prototypisches Informationssystem entwickelt. Umfangreiche Datensätze der wissenschaftlichen Neubearbeitung wurden digital erfasst und in der Form eines Stellenkatalogs in einer objekt-orientierten Datenbank gesichert (s. Görz (1995) und Görz/Holst (1997) sowie Knefelkamp (2003 und 2010), s.u.). Was das Ziel der informationstechnischen Erschließung und Sicherung von im Rahmen von Ausstellungsprojekten erarbeiteten Forschungsdaten betrifft, kann dieses Projekt als Vorläufer der gemeinsam mit dem GNM von 2009-2016 entwickelten Virtuellen Forschungsumgebung WissKI gelten, die auch die Basis unseres aktuellen hier vorliegenden Systems ist.
An der FAU wurde eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe gegründet; jedoch waren Versuche, nach dem Ende der ersten Projektförderung neue Mittel einzuwerben, wenig erfolgreich. So konnte das Projekt zunächst nur in bescheidenem Rahmen durch Bordmittel vor allem mit studentischen Hilfskräften weitergeführt werden. Besonders hervorzuheben ist das Engagement zahlreicher Studierender in Seminaren und Arbeitsgruppen sowie in Examensarbeiten.
Erst 2011 gelang es, mit Förderung der Staedtler-Stiftung eine neue digitalfotografische Erfassung des Globus einschließlich der Aufarbeitung der Daten für ein neues 3D-Modell erstellen zu lassen (s.a. GNM und Abschnitt 2 Bilder des Globus.). Mit diesen Daten sowie den digitalisierten Bildern von 1991 wurde von Halimatou Poussami unser neues 3D-Modell erstellt. Zuvor hatte sie bereits mit dem Bildmaterial zur Ausstellung 1991 ein vereinfachtes 3D-Modell mit Marble geschaffen. Mit denselben Bilddaten war bereits 1995 an der TU Wien ein 3D-Modell (Dorffner 1995) erstellt worden, das jedoch nicht öffentlich zugänglich war.
Zugleich wurden an der FAU Erlangen-Nürnberg weitere Arbeiten durchgeführt: Der überwiegende Aufwand wurde in eine neue Datenmodellierung und die Umstellung auf eine neue Softwarebasis investiert. Letzteres war notwendig geworden, da zum einen die ursprünglich genutzte Datenbank-Software nicht mehr zur Verfügung stand und andererseits auch durch das Aufkommen des sog. 'Semantic Web' neue semantisch fundierte Modellierungsansätze eingeführt wurden. Das ursprüngliche Datenmodell wurde in einem neuen Rahmen redefiniert; die Basis bildet nun eine formale Ontologie in der (beschreibungs-)logischen Sprache OWL (Web Ontology Language), die das CIDOC Conceptual Reference Model (CRM) einschließt. Auf den neuen Systementwurf wird in Abschnitt 3 Forschung: Semantische Modellierung sowie in Görz und Scholz 2013 / 2014 eingegangen. Der Stellenkatalog wurde als semantische Datenbank mit der Virtuellen Forschungsumgebung WissKI implementiert, was in Abschnitt 4 Semantische Datenbank: Der Stellenkatalog weiter ausgeführt wird.
Das gesamte digital verfügbare Bildmaterial des Globus sowie weitere Forschungsdaten wurden mit der Stellenkatalog-Datenbank im vorliegenden Repositorium zusammengeführt. Hierzu gehören auch die Segmentbilder des Globus, in denen Inschriften und Miniaturen annotiert wurden. Mittels digitaler Bildverarbeitung wurden zahlreiche Versuche zur Verbesserung der Sichtbarkeit bzw. Lesbarkeit verdorbener und überschriebener Stellen unternommen. Mit den (beschreibungs-)logisch vorliegenden Daten wurden auch Studien zum räumlichen Schließen auf dem Kartenbild des Globus durchgeführt (Jelinek (1997) und Deang (2000)).
Einen Überblick über Stand und Zukunftsperspektiven des Projekts bieten die folgenden Vortragsfolien:
- Görz, G.: Der Behaim-Globus (1492): Eine Zeitmaschine für sich
- Görz, G.: Semantic Annotation for Medieval Cartography: The Behaim Globe of 1492
- Görz, G.: Marco Polo on the Behaim Globe (1492): A critical stocktaking
Bibliographie Knefelkamp (2003 und 2010):
Knefelkamp, Ulrich: Der Behaim-Globus: Geschichtsbild und Geschichtsdeutung. In: Dagmar Unverhau (Hg.): Geschichtsdeutung auf alten Karten: Archäologie und Geschichte (Wolfenbütteler Forschungen 101), Wiesbaden: Harrasowitz 2003, S. 111-128.
Knefelkamp, Ulrich: Der digitale Behaim-Globus (1492) - Probleme der Edition. In: Ingo Wirth (Hg.): Neue Beiträge zur Virchow-Forschung, Festschrift für Christian Andree. Hildesheim etc., 2010, S. 585-598.
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1. The project and its history ^
The last comprehensive scientific study of the Behaim globe was carried out by E.G. Ravenstein in 1908. For the 500th anniversary the GNM organized a large exhibition "Focus Behaim Globus" in 1992/1993, which is documented in a two-volume catalog. Within the framework of the exhibition project and beyond, extensive visual and textual material about the globe and its cultural environment was has been elaborated. Much of it is still unpublished, in particular a new inspection of the surface structure and a new reading carried out on the object by Prof. Dr. Ulrich Knefelkamp (then Univ. Bamberg), which should be used as the textual basis for all further work. Thus, a comprehensive modern scientific reappraisal of the Behaim globe is still an urgent task for cultural-historical research.
During the exhibition the plan emerged to prepare a new research project in a cooperation of FAU / FORWISS and GNM on the basis of the compiled research data with the help of information technology emerged. Building on this, a digital and printed new edition of the Behaim globe should be created. The digital indexing of the globe, which includes the entire image inventory and a new critical reading of all globe inscriptions, including all historical readings, as well as a comprehensive catalog of all visually relevant locations on the globe surface, is thus the starting point for a new edition. The edition project began with the design of a system for securing the compiled research data in a database with the goal of complete semantic indexing based on a formal ontology that would form the basis for a systematic classification of all identified (geographic and non-geographic) locations on its surface together with their properties and positions.
In 1995, a pertinent project was launched with a two-year grant from the Fritz Thyssen Foundation. During this period, a functional prototypical information system was developed. Extensive data sets of the scientific invesrtigation were digitally recorded and saved in the form of a place catalog in an object-oriented database (cf. Görz (1995) and Görz/Holst (1997) as well as Knefelkamp (2003 and 2010), see below). As far as the goal of information-technological indexing and securing of research data developed in the context of exhibition projects is concerned, this project can be considered a precursor of the Virtual Research Environment WissKI, developed in cooperation with the GNM from 2009-2016, which is also the basis of our actual system presented here.
An interdisciplinary working group was founded at FAU; however, attempts to acquire new funding after the end of the first project grant were not very successful. Thus, the project could only be continued on a modest scale through on-board funds, primarily with student assistants. Particularly noteworthy is the commitment of numerous students in seminars and working groups as well as in exam papers.
Only in 2011, with funding from the Staedtler Foundation, it was possible to achieve a new digital photographic record of the globe, including data processing for a new 3D model (see also GNM and section 2 Bilder des Globus.). With these data as well as the digitized images from 1991, Halimatou Poussami created our new 3D model. Previously, she had already generated a simplified 3D model with Marble using the image material of the 1991 exhibition. With the same image data, a 3D model had already been created in 1995 at the Vienna University of Technology (Dorffner 1995), which was not publicly accessible.
At the same time, further work was carried out at FAU Erlangen-Nürnberg: The predominant effort was spent for a new data model and the conversion to a new software basis. The latter had become necessary because, on the one hand, the originally used database software was no longer available, and also new semantically based modeling approaches were introduced due to the emergence of the so-called 'Semantic Web'. The original data model was redefined in a new framework; its basis is now a formal ontology in the (description) logical language OWL (Web Ontology Language), which includes the CIDOC Conceptual Reference Model (CRM). The new system design is discussed in cection 3 Research: Semantic Modeling and in Görz und Scholz 2013. The place catalog was implemented as a semantic database using the Virtual Research Environment WissKI, which is discussed further in section 4 Semantic Database: The catalog of places.
All digitally available images and other research data of the globe have been joined with the place catalog database in the present repository. It includes the gore images of the globe in which inscriptions and miniatures were annotated. Using digital image processing, numerous attempts were made to improve the visibility or readability of corrupted and overwritten passages. Using the available (description) logical data, also studies of spatial reasoning on the map image of the globe have been carried out (Jelinek 1997 and Deang 2000).
The following presentation slides give an overview of the status and future perspectives of the project:
- Görz, G.: Der Behaim-Globus (1492): Eine Zeitmaschine für sich
- Görz, G.: Semantic Annotation for Medieval Cartography: The Behaim Globe of 1492
- Görz, G.: Marco Polo on the Behaim Globe (1492): A critical stocktaking
Bibliography Knefelkamp 2003 und 2010:
Knefelkamp, Ulrich: Der Behaim-Globus: Geschichtsbild und Geschichtsdeutung. In: Dagmar Unverhau (Hg.): Geschichtsdeutung auf alten Karten: Archäologie und Geschichte (Wolfenbütteler Forschungen 101), Wiesbaden: Harrasowitz 2003, S. 111-128.
Knefelkamp, Ulrich: Der digitale Behaim-Globus (1492) - Probleme der Edition. In: Ingo Wirth (Hg.): Neue Beiträge zur Virchow-Forschung, Festschrift für Christian Andree. Hildesheim etc., 2010, S. 585-598.
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