Hytext Festland Westafrika 0
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Wissensstand: Im Falle Westafrikas kontrastieren die Kenntnisse der Küstenregion und des Landesinneren erheblich. Der Küstenverlauf wird auf dem Globus relativ getreu wiedergegeben. Die Nordwestküste ist im Vergleich zu den realen Verhältnissen und der Darstellung auf den zeitgenössischen Portulanen nur schwach gewölbt, das Kap Verde ragt dafür umso prägnanter heraus. Die Breitengrade der Landschaftselemente in diesem Bereich kommen recht nah an die tatsächlichen heran, an der Küste im Golf von Guinea hingegen nimmt die Genauigkeit der geographischen Lage ab. Ein erheblicher Anteil der genannten Landschaften und Flüsse an der westafrikanischen Küste sind auch auf anderen Karten verzeichnet und in Entdeckerberichten sowie Chroniken erwähnt. Ein auffälliger Irrtum ist bei der Position des portugiesischen Handelsstützpunktes São Jorge da Mina unterlaufen, der viel zu weit im Westen eingetragen ist - ein signifikanter Fehler, der auf keiner anderen detaillierten Erddarstellung jener Zeit zu finden ist. Zum Landesinneren hin wird das Wissen sehr vage: Wälder und Gebirge sind nur noch angedeutet, die Flussläufe beispielsweise von Senegal, Gambia, und Niger stimmen nicht mit dem realen Verlauf der Ströme überein. Auf dem Globus fehlen auch damalige Handelsmetropolen wie Wadan oder Gao, das mächtige Königreich Tekrur im heutigen Senegal bleibt ebenfalls unerwähnt. Über Rohstoffe und Handel im Inneren des Kontinents war Martin Behaim offenbar besser informiert als über die landschaftlichen Gegebenheiten, so deuten es zumindest die Legenden über die Goldquellen im Reich Melli, über den Karawanenhandel durch die Sahara und zur Herkunft des Malaguetta-Pfeffers an. In diesem Zusammenhang überrascht es allerdings, dass die geopolitisch hoffnungsvollen Kontakte der Portugiesen zum Kongo-Reich, durch Diogo Cao eingeleitet und ab 1490 durch Missionare forciert, nicht einmal angedeutet sind.
Quellen: Die portugiesischen Wappenfahne in der Sierra Leone sowie die Erwähnung des königlichen Stütztpunktes Castel São Jorge da Mina deuten auf einen portugiesischen Portulan als Quelle für die Küstengebiete Westafrikas. Von den relativ wenigen überlieferten Exemplaren dieses Typus deutet sich jedoch keines als direkte Vorlage an, eine einigermassen hohe Übereinstimmung hinsichtlich der Inschriften und verschiedener Detailmerkmale ergibt sich mit der sogenannten Kolumbus-Karte von ca. 1490. Über die abseits der Küste liegenden Landschaften schwiegen sich die Portulane jedoch weitgehend aus, insofern muss für diese Gebiete eine andere Quelle gesucht werden. Einige markante Bezeichnungen weisen auf den Reisebericht des portugiesischen Seefahrers Diogo Gomes hin, dessen prägnante Erzählung uns durch Martin Behaim überliefert ist. Die bereits erwähnten Legenden finden sich in dieser Form auf keiner anderen Erddarstellung, insofern könnte es sich hierbei um eigenständige Ergänzungen Martin Behaims und seiner Mitarbeiter handeln. Aller Wahrscheinlichkeit nach existierte also für die Darstellung Westafrikas auf dem Behaim-Globus keine Vorlage, die einfach kopiert worden wäre. Die Indizien sprechen eher für eine Mischform aus aktuellem Kartenmaterial, ergänzt mit Informationen aus Entdeckerberichten und womöglich eigenem Wissen.
Weltbild: Die antiken Fabelvölker wie die Ichtyophagen ['Fischesser'] oder die Garamanten finden sich - im Gegensatz zu vielen Weltkarten jener Zeit - nicht mehr in Westafrika. Seriöse Informationen über die Bewohner dieser Landstriche bietet der Globus indes auch nicht. Die in knappen Legenden erwähnten Reiche von Jolof [auf dem Globus als 'gambia galof' betitelt] und Mali [Melli] hatten ihre Blütezeit schon längst hinter sich, die aufstrebenden Völker der Tuareg und Songhai sind hingegen nicht erwähnt. Zudem zeichnet beispielsweise die Miniatur des halbnackten Königs von Melli in seinem Zelt ein vollkommen falsches Bild: zahlreiche Reseiberichte schildern den ungeheuren Reichtum der Mali-Könige, die in prächtigen Palästen residierten und ganze Stadtteile mit imposanten Gebäuden errichten liessen. Es muss jedoch dahingestellt bleiben, ob es sich hierbei um eine bewusste Herabstufung fremder Herrscher auf die Stufe von 'Unzivilisierten' handelt, oder ob nicht einfach der Topos eines Herrschers im Zelt - wie man ihn auf zahlreichen Weltkarten des Mittelalters für Nordafrika kennt - mit Unkenntnis gepaart auf Westafrika übertragen worden ist.
Quellen: Die portugiesischen Wappenfahne in der Sierra Leone sowie die Erwähnung des königlichen Stütztpunktes Castel São Jorge da Mina deuten auf einen portugiesischen Portulan als Quelle für die Küstengebiete Westafrikas. Von den relativ wenigen überlieferten Exemplaren dieses Typus deutet sich jedoch keines als direkte Vorlage an, eine einigermassen hohe Übereinstimmung hinsichtlich der Inschriften und verschiedener Detailmerkmale ergibt sich mit der sogenannten Kolumbus-Karte von ca. 1490. Über die abseits der Küste liegenden Landschaften schwiegen sich die Portulane jedoch weitgehend aus, insofern muss für diese Gebiete eine andere Quelle gesucht werden. Einige markante Bezeichnungen weisen auf den Reisebericht des portugiesischen Seefahrers Diogo Gomes hin, dessen prägnante Erzählung uns durch Martin Behaim überliefert ist. Die bereits erwähnten Legenden finden sich in dieser Form auf keiner anderen Erddarstellung, insofern könnte es sich hierbei um eigenständige Ergänzungen Martin Behaims und seiner Mitarbeiter handeln. Aller Wahrscheinlichkeit nach existierte also für die Darstellung Westafrikas auf dem Behaim-Globus keine Vorlage, die einfach kopiert worden wäre. Die Indizien sprechen eher für eine Mischform aus aktuellem Kartenmaterial, ergänzt mit Informationen aus Entdeckerberichten und womöglich eigenem Wissen.
Weltbild: Die antiken Fabelvölker wie die Ichtyophagen ['Fischesser'] oder die Garamanten finden sich - im Gegensatz zu vielen Weltkarten jener Zeit - nicht mehr in Westafrika. Seriöse Informationen über die Bewohner dieser Landstriche bietet der Globus indes auch nicht. Die in knappen Legenden erwähnten Reiche von Jolof [auf dem Globus als 'gambia galof' betitelt] und Mali [Melli] hatten ihre Blütezeit schon längst hinter sich, die aufstrebenden Völker der Tuareg und Songhai sind hingegen nicht erwähnt. Zudem zeichnet beispielsweise die Miniatur des halbnackten Königs von Melli in seinem Zelt ein vollkommen falsches Bild: zahlreiche Reseiberichte schildern den ungeheuren Reichtum der Mali-Könige, die in prächtigen Palästen residierten und ganze Stadtteile mit imposanten Gebäuden errichten liessen. Es muss jedoch dahingestellt bleiben, ob es sich hierbei um eine bewusste Herabstufung fremder Herrscher auf die Stufe von 'Unzivilisierten' handelt, oder ob nicht einfach der Topos eines Herrschers im Zelt - wie man ihn auf zahlreichen Weltkarten des Mittelalters für Nordafrika kennt - mit Unkenntnis gepaart auf Westafrika übertragen worden ist.
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Hytext Festland Westafrika 0