Hanse (Handel)

Schlagwort (Infotyp)
Handel
Titel
Hanse
Identifikator
Handel Hanse
Schlagwörter (Gattung)
Handelsrouten
Handelswaren
Da das Risiko des Fernhandels im Mittelalter für den Einzelnen schwer zu tragen war, schlossen sich seit dem 12. Jahrhundert Fernhandelskaufleute in Nord- und Osteuropa zur Deutschen Hanse [Hanse: germanische Bezeichnung für Schar] zusammen. Maßgeblich für den von der Hanse ausgebildeten Handels- und Wirtschaftsraum, der die Nord- und Ostseeländer umfasste, war die 1157 begründete erste Fernhandelsverbindung zwischen Köln und London. Köln und Lübeck waren die Ausgangspunkte für die Bildung dieses Kaufmanns- und Städtebundes, dessen Grundlage die regionalen Städtebündnisse des 13. Jahrhunderts waren. Der erste allgemeine Hansetag trat jedoch erst 1356 in Lübeck, der wichtigsten Hansestadt, zusammen. Die politische Führung der Hanse - die keine Handelsgesellschaft, sondern eine brüchig organisierte Interessengemeinschaft darstellte - lag fest in den Händen der Fernhändler. Im 14. Jahrhundert schlossen sich der Hanse über 160 wendische, pommersche, sächsische, thüringische, brandenburgische, westfälische, niederländische, rheinische, preussische, livländische und schwedische Städte an.
Den Gipfel ihrer machtpolitischen Bedeutung erreichte die Hanse im 14. Jahrhundert, indem sie sich gegen Dänemark, ihren Hauptkonkurrenten um die Kontrolle der Ostsee, in kriegerischer Auseinandersetzung behauptete. Diese Kontrolle des Handels im Ostseeraum hielt die Hanse auch durch Warenboykotte oder Handelsblockaden aufrecht. Im 15. und 16. Jahrhundert wurde dagegen der Bedeutungsrückgang der Hanse unaufhaltsam. Neue Konkurrenten, wie die süddeutschen Städte, aber auch englische und holländische Fernhändler, waren dafür ebenso verantwortlich wie die Entdeckung der Neuen Welt, die zu einer Verlagerung des Handels zum Atlantik hin führte. Bis zum Dreissigjährigen Krieg blieb die Hanse jedoch eine ernstzunehmende Handelsmacht.
Wirtschaftlich lag die Bedeutung der Hanse im Austausch der Rohstoffe des Ostens mit den Fertigwaren des Westens. Knotenpunkte des hansischen Handelsnetzes waren die vier wichtigsten Kontore [Kontor: Handelsniederlassung] in Nowgorod, London, Bergen und Brügge. Der Handel wurde hauptsächlich in Ost-West-Richtung zwischen Nowgorod, Reval, Riga, Danzig, Lübeck, Hamburg, Brügge und London abgewickelt. Zudem bestanden über Nowgorod und Lemberg Verbindungen zum Orienthandel sowie über Brügge zum Mittelmeerhandel.
Durch den Hanseverbund wurden Kupfer und Eisen aus Schweden, Fische aus Norwegen und Island, Butter und Heringe aus Dänemark, Tuche aus England, Getreide und Holz aus dem Ordensstaat Preussen und aus Polen, Flachs, Hanf und Erze aus Ungarn, Wein aus Frankreich, Metallwaren und Wein aus Süddeutschland, Salz aus Südwestfrankreich und Portugal, Bier aus Hamburg, Bremen, Dortmund und Einbeck, Salz aus Lüneburg und Leinwand aus dem Rheinland und Mitteldeutschland gehandelt.
Kommentar
Es ist bemerkenswert, dass die Hanse trotz ihrer immensen wirtschaftlichen Bedeutung im 15. Jahrhundert auf dem Behaim-Globus weder erwähnt noch zeichnerisch angedeutet ist. Dieser Umstand ist umso erstaunlicher, da der Globus ansonsten mit Informationen über Wirtschaft und Handel keineswegs geizt. Auch angesichts von Behaims Biographie überrascht das Ignorieren der Hanse: Er verbrachte immerhin seine Lehrzeit in Flandern, dem wichtigen Knotenpunkt des Hansehandels. Nicht auszuschließen ist es, dass die Hansekaufleute aus Konkurrenzgründen in Nürnberg [dem Herstellungsort des Globus] nicht wohlgelitten waren und sie deshalb auf dem Globus komplett ignoriert wurden.