Film (Rezeption-Kunst)

Schlagwort (Infotyp)
Rezeption-Kunst
Titel
Film
Identifikator
Rezeption-Kunst Film
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Martin Behaim begegnet gleich zu Beginn des 1939 von Regisseur Veit Harlan gedrehten Films 'Das unsterbliche Herz' als kühner und unerschrockener Seefahrer, der auf einer Entdeckungsfahrt entlang der Westküste Afrikas in Seenot gerät und durch Sturm, Meuterei einiger Seeleute und Feuer an Bord sein Schiff mit Namen 'Stadt Nürnberg' verliert. Es gelingt ihm jedoch sein Lebenswerk, den Globus, zu retten, den er mit sich führte, um vor Ort die von ihm gemachten Entdeckungen und Erkenntnisse einzutragen.
Wieder zurück in Nürnberg, wird Behaim von seinen Geldgebern angeklagt, in seinem eigenwilligen Forscherdrang leichtfertig den Verlust des ihm zur Verfügung gestellten Schiffes verursacht zu haben. Da er jedoch glaubwürdig versichern kann, dass nur der Ausfall der von Gewichten betriebenen Schiffsuhren während des Sturmes seine Orientierungslosigkeit und letztlich das Unglück verschuldet hat, wird Behaim freigesprochen unter der Auflage, eine Uhr zu beschaffen, die einem Sturm auf See standhalten könnte. Sollte er innerhalb eines Jahres im Besitz dieser Uhr sein, werde ihm die Stadt neue Schiffe zur Verfügung stellen, damit er sein Entdeckungswerk fortsetzen könne. Das Unglück des einen genialen Nürnbergers, Behaim, wird dadurch zum Ausgangspunkt für die Erfindung der federbetriebenen Taschenuhr, dem sogenannten 'Nürnberger Ei', durch Peter Henlein, der eigentlichen Hauptfigur des Filmes. Als einziger bestärkt Behaim den todkranken Henlein mit der Konstruktion der Uhr fortzusetzen, auch wenn die für Henlein lebensrettende Operation dadurch so lange hinausgezögert wird, bis für diesen jede Rettung zu spät kommt.
Obwohl der von Michael Bohnen dargestellte Martin Behaim also nicht in der Hauptrolle, sondern in einer wichtigen Nebenrolle erscheint, ist das Bild, das von ihm gezeichnet wird, sehr aussagekräftig. Wie Henlein verkörpert auch Behaim das weitblickende Genie. Er tritt als Vollblutentdecker auf, der geradezu besessen ist von der Vorstellung, die weissen Flächen seines Globus beschriften zu können, während seine Geldgeber mit seinen Fahrten rein materielle Interessen verbinden und auf neue Handelsverbindungen hoffen. Der Film häuft fern von historischen Tatsachen eine Reihe von Klischees an, die jedoch die populäre Gestalt Behaims ausmachen. Dazu gehört zum einen die Verbindung des Namens Behaim mit großen Entdeckungsfahrten, aber auch die unwahre Annahme, er hätte seinen Globus eigenhändig zusammengebaut und beschriftet. Auch die Rahmenhandlung von 'Das unsterbliche Herz' ist arg konstruiert: Henlein wurde erst um 1485 geboren, dürfte also aller Wahrscheinlichkeit nach Behaim nie begegnet sein.
Hinausgehend über die bloße Präsentation als großen Sohn der Stadt wurde Behaim in dem lediglich das Gefühl ansprechenden Streifen, dessen Uraufführung am 31.Januar 1939, dem Jahrestag der nationalsozialistischen Machtergreifung, propagandistisch inszeniert wurde, auch als leuchtendes Vorbild im Sinne der NS-Politik angepriesen: Der einen Ritterharnisch tragende, kompromisslose Entdecker trotzt allen Widerständen, um sein großes Werk, an das er fest glaubt, fortsetzen zu können. Nicht der Erfinder Henlein steht bei Veit Harlan folglich im Mittelpunkt, sondern der Entdecker und Eroberer Behaim.
Die zahlreichen offensichtlichen Ungereimtheiten und verdeckten Propagandaeffekte taten dem Erfolg des Streifens indes keinen Abbruch. Die damaligen Ufa-Stars Heinrich George (als Peter Henlein) und Kristina Söderbaum (als Frau Henleins) liessen die Zuschauer in Scharen in die Kinos pilgern. Ein Garant des Erfolges war auch der Regisseur Veit Harlan, damals zur ersten Garnitur der deutschen Filmemacher gehörend, der sich beim Publikum einen Namen für spannungsreiche 'Herz-Schmerz-Dramen' gemacht hatte. Ein Talent, das Harlan ein Jahr später in seinem Machwerk 'Jud Süss', einer Lebensgeschichte des einflussreichen jüdischen Hofrates Joseph Süss-Oppenheimer aus dem 18. Jahrhundert, mit kaum noch überbietbarem Zynismus meisterhaft einzusetzen vermochte.