WissKI Entity 5659
Text
Wissensstand: Nordafrika steht beispielhaft dafür, wie auf dem Behaim-Globus versucht worden ist, die Vorstellungen der antiken Geographie mit den zunehmenden empirischen Erkenntnissen zu verschmelzen. So geben die Städte- und Regionsnamen das Wissen der Zeit wieder, es sind mittels roter Inschrift und Wappenfahne sogar jene Städte hervorgehoben, die tatsächlich eine überdurchschnittliche wirtschaftliche oder politische Bedeutung hatten. Andererseits verwundet es, inmitten der Begriffe das längst zerstörte Karthago zu finden. Nur entfernt mit den realen Gegebenheiten haben die meisten der eingezeichneten Kontinentkonturen, Flussläufe und Gebirgszüge zu tun. Sie sind in der Mehrzahl eindeutig von einer ptolemäischen Weltkarte kopiert worden, entsprechen also dem Kenntnisstand der Antike. Das hat einige Irrtümer zur Folge: die afrikanische Mittelmeerküste verläuft nahezu horizontal, das Atlasgebirge liegt am Nördlichen Wendekreis [real bei 32 Grad nördlicher Breite], der mächtige Strom Bagradas fliesst mitten durch die Sahara. Die Weltkarten aus Südeuropa indes hatten diese Fehler bereits im 14. und frühen 15. Jahrhundert weitgehend korrigiert. Überhaupt ist die Nordküste Afrikas von Ceuta bis Tunis viel zu groß dargestellt, auf dem Globus erstreckt sich dieser Abschnitt über 30 Längengrade, real sind es nicht einmal 20. Diese Verzerrung war eine Folge der zu geringen Vorstellung vom Erdumfang, wodurch das Mittelmeer und die angrenzenden Küstenstriche in der Horizontalen 'wuchsen'.
Quelle: Die Geographie Nordafrikas auf dem Behaim-Globus basiert eindeutig auf den Vorstellungen des antiken Geographen Claudius Ptolemäus, der im 15. Jahrhundert zum bedeutendsten Kosmographen avancierte und dessen Weltbild noch weit in das 16. Jahrhundert hinein die Kartographie beeinflussen sollte. Die Städtenamen und die zahlreichen Herrscher-Miniaturen [König sitzt vor bzw. in seinem Zelt] hingegen sind charakteristisch für die älteren Weltkarten aus dem Mittelmeerraum, der bekannteste Vertreter dieses Typus ist der Katalanische Weltatlas. Sowohl das Zeltmotiv als auch die Auswahl der genannten Herrscher finden sich auf einigen dieser Karten. Als direkte Quelle für den Behaim-Globus gibt sich jedoch keines dieser Werke zu erkennen.
Weltbild: Die verschiedenen Herrscher-Darstellungen mit Zelt sind gleich in zweierlei Hinsicht falsch. Der Globus suggeriert dadurch ein Bild, als sei Nordafrika in verschiedene nationale Königreiche unterteilt. In der Realität waren die dortigen Machtstrukturen im Mittelalter jedoch wesentlicher komplexer. Diese Strukturen verhinderten gerade die Herausbildung von Nationalstaaten mit zentraler Verwaltung, eine Entwicklung, wie sie sich zur gleichen Zeit in Europa anbahnt. Den Europäern verschloss sich offenbar dieses komplizierte Machtgefüge, das noch am ehesten mit relativ autonomen Stammesfürstentümern zu vergleichen wäre. Das Motiv vom Zelt als königliche Behausung hat seinen Ursprung keineswegs im etwaigen Wissen über nordafrikanische Nomadenvölker. Auf dem Globus ist dieser Topos in allen aussereuropäischen Regionen zu finden, obwohl der hohe Stand dortiger Kulturen in den zeitgenössischen Reiseberichten zumindest angedeutet wird. Insofern bleibt es spekulativ, ob mit diesen Miniaturen die nichtchristlichen Herrscher bewusst herabgesetzt und als 'unzivilisiert' stigmatisiert werden sollten - oder ob es einfach ein Topos war, dessen exotischer Touch einfach zur restlichen Gestaltung des Behaimschen 'Erdapfels' passte.
Quelle: Die Geographie Nordafrikas auf dem Behaim-Globus basiert eindeutig auf den Vorstellungen des antiken Geographen Claudius Ptolemäus, der im 15. Jahrhundert zum bedeutendsten Kosmographen avancierte und dessen Weltbild noch weit in das 16. Jahrhundert hinein die Kartographie beeinflussen sollte. Die Städtenamen und die zahlreichen Herrscher-Miniaturen [König sitzt vor bzw. in seinem Zelt] hingegen sind charakteristisch für die älteren Weltkarten aus dem Mittelmeerraum, der bekannteste Vertreter dieses Typus ist der Katalanische Weltatlas. Sowohl das Zeltmotiv als auch die Auswahl der genannten Herrscher finden sich auf einigen dieser Karten. Als direkte Quelle für den Behaim-Globus gibt sich jedoch keines dieser Werke zu erkennen.
Weltbild: Die verschiedenen Herrscher-Darstellungen mit Zelt sind gleich in zweierlei Hinsicht falsch. Der Globus suggeriert dadurch ein Bild, als sei Nordafrika in verschiedene nationale Königreiche unterteilt. In der Realität waren die dortigen Machtstrukturen im Mittelalter jedoch wesentlicher komplexer. Diese Strukturen verhinderten gerade die Herausbildung von Nationalstaaten mit zentraler Verwaltung, eine Entwicklung, wie sie sich zur gleichen Zeit in Europa anbahnt. Den Europäern verschloss sich offenbar dieses komplizierte Machtgefüge, das noch am ehesten mit relativ autonomen Stammesfürstentümern zu vergleichen wäre. Das Motiv vom Zelt als königliche Behausung hat seinen Ursprung keineswegs im etwaigen Wissen über nordafrikanische Nomadenvölker. Auf dem Globus ist dieser Topos in allen aussereuropäischen Regionen zu finden, obwohl der hohe Stand dortiger Kulturen in den zeitgenössischen Reiseberichten zumindest angedeutet wird. Insofern bleibt es spekulativ, ob mit diesen Miniaturen die nichtchristlichen Herrscher bewusst herabgesetzt und als 'unzivilisiert' stigmatisiert werden sollten - oder ob es einfach ein Topos war, dessen exotischer Touch einfach zur restlichen Gestaltung des Behaimschen 'Erdapfels' passte.