3.47
Diplomatische Geschichte des portugiesischen berühmten
Ritters Martin Behaims. Aus
Originalurkunden
Christoph Gottlieb von Murr
Gotha: Justus Perthes, 1801 (= zweite, sehr vermehrte Ausgabe)
Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Sign. Bg 1345
Das erste Bemühen um eine quellenbezogene Darstellung der Lebensgeschichte Behaims ist mit dem vielseitigen Nürnberger Gelehrten Christoph Gottlieb von Murr (1733 - 1811) verbunden. Von Murr war ein reise- und schreibfreudiger Gelehrter, der mit Vertretern aus Kunst, Wissenschaft und Politik einen europaweiten Briefwechsel führte. Zudem betätigte sich von Murr als Sammler von Büchern, Gemälden und Skulpturen, die er gewissenhaft inventarisierte. Über 200 Titel seines wissenschaftlichen und schriftstellerischen Werkes zu allen möglichen Gebieten sind überliefert.
In seiner Diplomatischen Geschichte des portugiesischen berühmten Ritters Martin Behaims. Aus Originalurkunden, die erstmals 1778 in Nürnberg erschien, tritt von Murr mit dem (ganz modern anmutendem) Anspruch auf, nur das darzustellen, was auch durch Originalurkunden zu belegen ist. "Der Leser findet hier", so schreibt Murr in seinem Vorbericht, "was Martin Behaim wirklich gewesen ist, weder mehr, noch weniger." Diesem Anspruch folgend, weist er mit Deutlichkeit die Spekulationen von Wagenseil (s. Kat. -Nr.3.45) zurück, wonach Behaim vor Columbus Amerika entdeckt hätte, da die alten Urkunden "davon nichts sprechen".
In einem Anhang gibt er Abschriften von Dokumenten wieder, die ihm nach Einsicht ins Behaimische Familien Archiv zugänglich waren und die ihm aufschlußreich erschienen.
Ferner findet sich in seiner Behaim-Schrift ein Stich, der die Globusoberfläche, obgleich sehr reduziert abbildet. Im übrigen vermeidet Christoph Gottlieb von Murr auffällig, sich zum Lebensweg allgemein und zu biographischen Einzelheiten Behaims im besonderen zu äußern. Dort wo er es tut, unterlaufen ihm einige Irrtümer, wobei die Datierung des Geburtsjahres von Martin Behaim auf das Jahr 1430 der gravierendste ist. Er faßt hier die Biographien von Vater und Sohn Behaim zusammen und vermischt sie. Demnach weilte Martin Behaim als Tuchhändler in Venedig, Antwerpen, Wien und Lissabon und kehrte nach Nürnberg zurück, um bei Regiomontan in die Lehre zu gehen. Noch Alexander von Humboldt übernimmt diesen schwergewichtigen Fehler in seinen Kritischen Untersuchungen über die geographischen Kenntnisse von der Neuen Welt etc. von 1836.
Von Murr fügt seiner Arbeit eine, wie er betont, "exakte" Kopie des Globus als Stich bei. Doch es handelt sich um eine sehr oberflächliche Abbildungen, die nicht den gesamten Globus zeigt, die Größenverhältnisse nicht korrekt wiedergibt und nicht annähernd die Detailfülle des Originals erreicht.
Die erste Ausgabe von Murrs Behaim - Schrift erschien 1778 in Nürnberg. Von H.J. Jansen ins Französische übersetzt, wurde die Schrift 1787 aufgenommen in den ersten und zweiten Teil des 'Recueil de Pièces interessantes concernant les Antiquités, les Beaux - Arts, les Belles Lettres, et la Philosophie'; traduites de differentes Langues à Paris, chez Barrois, Paris 1787. Eine von D. Cristobal Cladera verfertigte spanische Übersetzung erschien in den 'Investigaciones historicas'. Madrid 1796, S.173-218. Die zweite, verbesserte Ausgabe erschien 1801 bei Justus Perthes in Gotha. Im gleichen Jahr wurde die französische Übersetzung unter dem Titel 'Notice sur le Chevalier M. Behaim' veröffentlicht, beigebunden dem von Amoretti herausgegebenen Pigafetta-Bericht. 1802 erschien in Straßburg und Paris noch eine dritte Ausgabe, die der Verfasser selbst besorgte.
In der hier vorliegenden Ausgabe von 1801 wurde noch eine doppelseitige Illustration beigefügt. Es handelt sich um den Abdruck einer, von J. Gabler gefertigten Kopie eines ``uralten Druckstockes'', welcher sich im Praun'schen Kabinett befunden haben soll, wie von Murr anmerkt. Bei dem zugrundeliegenden Original handelt es sich um die Bildvorlage des Vespucci-Briefes von 1505, die (möglicherweise) von Georg Stuchs in Nürnberg hergestellt wurde.
Literatur:
Alois Hoch: Christoph Gottlieb von Murr. In: Imhoff (Hrsg): Berühmte Nürnberger aus neun Jahrhunderten. Nürnberg 1984, S.225 - 227.
Ernest George Ravenstein: Martin Behaim. His Life and his Globe. London 1908, S.3.
Zum beigefügten Druck s. Susi Colin: Das Bild des Indianers im 16. Jahrhundert. Idstein 1988, S.394, Abb.7.
P.J.B.