3.17

Liber Chronicarum

Hartmann Schedel. Nürnberg: Anton Koberger 1493

47 x 32 cm

Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Sign. 2° Inc. 266 G. 564s

(vgl. Kat.-Nr. 1.15, 2.18, 3.18)

Die Weltchronik des humanistischen Nürnberger Polyhistors Hartmann Schedel (1440 - 1514) gilt als aufwendigstes Buch-Unternehmen der Dürerzeit. Mit 1.809 Holzschnitten ist es das umfangreichste bebilderte Werk der Inkunabel-Ära. Schedel, der nach Studien in Leipzig (Baccalaureus 1457, Magister 1469) und Padua (Promotion zum Dr. med. 1466) als Arzt in Nürnberg, Nördlingen und Amberg wirkte, bevor er 1482 in seine Heimatstadt zurückkam, trug mit eindrucksvollem Sammelfleiß eine Bibliothek von rund 670 Drucken und über 400 Handschriften zusammen, die 1552 in Fuggerschen Besitz überging (heute München, Bayerische Staatsbibliothek).

Schedels "Liber Chronicarum" war eine Gemeinschaftsleistung des Nürnberger Humanistenkreises: Als Geldgeber standen dem Drukker Koberger die Patrizier Schreyer und Kammermeister zur Seite, neben Schedel lieferten Celtis und Münzer Beiträge; die Holzschnitte stammen von Wilhelm Pleydenwurff und Michael Wolgemut. Sie sind von höchstem künstlerischen, nicht immer von dokumentarischem Wert: Für manche Städte (wie etwa Trier, Padua, Marseille oder Metz) werden nur sich wiederholende Phantasie-Portraits anstatt authentischer Ansichten geboten.

Die "newe Cronick" von 1493 war das Spitzenwerk aus Kobergers Offizin. Noch im selben Jahr wurde die deutsche Version von Georg Alt ("Buch der Chroniken") fertig. Als 1496 in Augsburg bei Schönsperger ein Raubdruck von geringerer Qualität erschien, minderte sich der Absatz des Nürnberger Originals. Der historiographische Innovationswert der Chronik steht ihrem künstlerischen Rang bei weitem nach: Schedel ist wesentlich mittelalterlichen Vorbildern verpflichtet, so in der additiven Komposition der aneinandergereihten Kapitel, so auch im Aufbau des Textes nach dem Sieben-Weltalter-Schema von der Schöpfung Adams bis zum Jüngsten Gericht. Über die Kompilation der Hauptquelle (das "Supplementum chronicarum" des Filippo di Bergamo) hinaus geht allerdings die Darstellung des 15. Jahrhunderts im Schlußteil, die innere Beteiligung und Eigenbeobachtungen des Autors aufweist. Schedel erwähnt im Kapitel über Portugal die Reise des Martin Behaim nach Afrika (285v).

Literatur:

Liber chronicarum (Faksimile der deutschen Version): Leipzig 1933, München 1965, Dortmund 1978, Lindau 1988. Liber chronicarum (Faksimile der lateinischen Version): Puchheim 1970.

Xaver Schnieper: Die Schedelsche Weltchronik. Eine Einführung und Würdigung. In: Stultifera Navis 7, 1950, S. 85 - 104.

Elisabeth Rücker: Die Schedelsche Weltchronik. Das größte Buchunternehmen der Dürer-Zeit. München 1973.

Karl Heinz Burmeister: Artikel "Hartmann Schedel". In: Literatur-Lexikon, Bd. 10 (1991), S. 169f.

W.B.