in: Bott, G.; Willers, J. (Hrsgb.): Focus Behaim-Globus. Ausstellungskatalog, 2 Bde., Germanisches Nationalmuseum Nürnberg, Nürnberg, Dezember 1992.
Die Lehre von der Kugelgestalt der Erde ist so alt, daß ihre Anfänge in der erhaltenen Literatur nicht zu erfassen sind. Sie ist älter als die ältesten Fragmente der Vorsokratiker (1). Diese Tradition ist für sich genommen eher karg und langweilig, weil sie nichts enthält als die Aussage, daß die Erde eine Kugel sei. Ein wissenschaftliches Interesse daran wird seit Aristoteles erkennbar, der die ersten Beweise (2) für diese Lehre niederschrieb:
1. daß die Kraft der Schwere die Materie kugelförmig um einen
Mittelpunkt anordne,
2. der Erdschatten bei Mondfinsternissen sich immer rund abbilde und
3. bei einer Reise nach Süden neue Sternbilder am südlichen Horizont
auftauchen, während andere im Norden verschwinden, woraus man auch die
geringe Größe der Erdkugel ersehen könne.
Diese eleganten Beweise sind bereits von der Alltagserfahrung abstrahiert, sie sind wissenschaftlich formuliert, auch wenn der erste Beweis nur auf einer Beobachtung basiert, deren physikalische Grundlage damals nicht bewiesen war.
Aristoteles kannte schon eine Größe für den Erdumfang, gab aber nicht an, wie er dazu kam. Zwei Erdumfangsmessungen sind aus dem darauffolgenden Jahrhundert von Eratosthenes und Poseidonios überliefert, die sich aus astronomischen Beobachtungen, mathematischen Überlegungen und Streckenmessungen zusammensetzten (3). Außerdem hat man begonnen, die bewohnte Erde in Zonen (Klimata) zu unterteilen, die von Parallelkreisen (parallel zum Äquator (4)) begrenzt werden. Das war ein erster Schritt zur Bestimmung geographischer Orte auf der Kugel. Hipparch hat alsdann vorgeschlagen, die Erde - ebenso wie den Himmel - mit dem Gradnetz zu überziehen, um die Ortsbestimmung auch ausdrücken zu können.
Der hellenistische Astronom und Mathematiker Ptolemäus, der das Weltbild für anderthalb Jahrtausende bestimmen sollte, führte ebenfalls mehrere Beweise (5) für die Kugelgestalt der Erde an, die sich jedoch von denen des Aristoteles zum Teil unterscheiden. Der Auf- bzw. Untergang von Sonne, Mond und Sternen sei für Bewohner im Osten früher zu sehen als im Westen. Deshalb werde auch eine Mondfinsternis, die sich ja unabhängig vom Standort des Beobachters vollzieht, im Osten zu einer späteren Uhrzeit aufgezeichnet als im Westen, woraus die räumliche Entfernung der Orte gefunden werden könne. Sodann schließt Ptolemäus mit diesem astronomischen Argument aus, daß die Erde flach oder hohl sei oder die Form einer Pyramide oder Walze, eines Polyeders oder Würfels haben könne und fügt noch das schon von Aristoteles bekannte, ebenfalls astronomische Argument an, daß bei einer Wanderung nach Norden südliche Sterne unsichtbar werden. Daß dieses Argument nun in jeder Richtung anwendbar ist, kleidet er in ein Beispiel aus der Seefahrt: "Hiermit ist noch die Wahrnehmung zu verbinden, daß wir bei dem Heransegeln an Berge oder einzelne hochragende Punkte unter beliebigem Winkel und nach beliebiger Richtung nach und nach ihre Höhen sichtlich wachsen sehen, als ob sie direkt aus dem Meere auftauchten und daher infolge der Krümmung der Wasserfläche untergetaucht gewesen wären."
In den Worten von Ptolemäus hat diese Argumentation großes wissenschaftliches Gewicht, aber neu war sie zu seiner Zeit schon nicht mehr. Plinius d.Ä., der starb, ehe Ptolemäus den "Almagest" (Kat.-Nr. 1.11) schrieb, und dessen "Historia naturalis" (Kat.-Nr. 3.25) eine fleißige Kompilation von Schriften ist, die er im einzelnen nicht zitiert, führte sowohl die Nordsüdrundung der Kugel, erkennbar durch das Aufsteigen bzw. Verschwinden von Sternen beim Reisen nach Norden oder Süden (6), als auch die Ostwestrundung, beobachtet an der verschiedenen Uhrzeit bei Mondfinsternissen im Osten und im Westen des Reiches (7) als Belege für die Kugelgestalt der Erde an. Er scheidet auch die Frage, ob sie flach sein könnte, aus (8). "Beweise" im Sinne der griechischen Naturphilosophen benötigt diese Lehre für Plinus gar nicht: Die übereinstimmende Meinung der Menschen und der Augenschein stehen für diese fundamentale Tatsache, mit der seine Naturgeschichte beginnt, und auf die sie stets zurückkommt. Neu an seiner Argumentation ist, daß er die Bewegung der Welt mit ins Spiel bringt: Die Kugelgestalt schicke sich am besten zu dieser Bewegung (9). Dieses ist, ebenso wie der erste Aristotelische Beweis, ein aus heutiger Kenntnis sinnvoller Gesichtspunkt, der jedoch damals nicht bewiesen war.
Hinter diese Auffassung von der Erdgestalt kehrte das Mittelalter nicht zurück, auch wenn die Autoren sich für etwa tausend Jahre nicht für Beweise interessierten.
Isidor von Sevilla, dessen "Etymologiae" (Kat.-Nr. 2.6) auf der Naturgeschichte des Plinius basieren, sie vereinfachen und verkürzen, und die zum wichtigsten Lehrbuch der Naturkunde im gesamten Mittelalter wurden, setzt die Kugelgestalt der Erde voraus, ohne sie ausdrücklich zu erklären. Die Klimazonen etwa, von denen er spricht, sind nur auf der Kugel möglich. Beda Venerabilis versichert, daß die Erde einer Kugel gleiche (10). Die Beispiele könnten beliebig vermehrt werden (11). Seit die griechische Philosophie und die wissenschaftlichen Schriften das Abendland auf dem Umweg über arabische Übersetzungen erreichten, finden auch die Beweise wieder Beachtung. Hier soll besonders Sacrobosco herausgehoben werden, dessen Schrift "Tractatus de Sphaera" (Kat.-Nr. 3.19) im späten Mittelalter das wichtigste Lehrbuch der Astronomie wurde.
Um 1220 schrieb John Holywood (Johannes Sacrobosco) während seines Aufenthaltes in Paris seinen "Tractatus de Sphaera", den Lynn Thorndike 1949 zusammen mit einigen zeitgenössischen Kommentaren edierte (12). Dieses Werk ist im wesentlichen dem Verständnis des Kosmos als Kugel und der Sternbahnen als Kreisbahnen gewidmet, enthält aber auch einige Aussagen über die Erde: Über die Kugelgestalt und mehrere Beweise dafür, über Umfangsberechnungen und die daraus mögliche Ableitung des Durchmessers und über verschiedene Methoden, die Erde in Zonen zu teilen.
Die Beweise der Kugelgestalt beginnen mit einer Beobachtung, die sich schon bei Ptolemäus findet, daß nämlich die Gestirne im Osten früher zu sehen sind als weiter im Westen (13), woraus eine ost-westliche "Wölbung" (tumor) folge. Wenige Jahrzehnte nach Sacroboscos Schrift wurde diese Evidenz der Kugelgestalt durch die Mongoleireisen verschiedener Franziskaner-Mönche (ab 1246) und durch die China-Reisen der Polos (ab 1260) in das Bewußtsein einer breiteren Öffentlichkeit getragen.
Sacroboscos Beweis für die nord-südliche Wölbung der Erde (14), den auch Aristoteles schon angeführt hatte, besteht darin, daß die Sterne um den Nordpol herum nur Bewohnern des Nordens ständig sichtbar sind, während sie bei einer Reise nach Süden immer mehr untergehen, dafür aber andere, die vorher unsichtbar waren, aufgehen. Wäre die Erde flach (planum), so müßten die Gestirne bei ihrem Aufgang überall gleichzeitig sichtbar sein. Die Evidenz hierfür war schon durch griechische Reisende, die öfter bis Oberägypten vordrangen, geliefert worden. Die Anschaulichkeit dieses Beweises wurde u.a. aufgefrischt durch die Vorstöße der Portugiesen entlang der afrikanischen Küste in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Auf der Weltkarte des Fra Mauro (1457) ist bereits der am Äquator liegende Golf von Guinea eingezeichnet. Die Umrundung der Südspitze Afrikas erfolgte 1487 durch Bartolomeu Dias. Hinweise auf die Umrundung Afrikas und auf die südwärts fallenden Schatten im südlichen Indien finden sich in diesem Zusammenhang bereits bei Plinius (15).
Mit einem weiteren Absatz (16) geht Sacrobosco auf die Frage ein, ob auch die See der Kugelgestalt folgt, was damit bewiesen wird, daß ein Zeichen an der Küste von der Mastspitze eines sich entfernenden Schiffes aus länger gesehen werden kann als vom Fuße des Mastes. Hieran schließt sich der Hinweis an, daß Wassertropfen von Natur aus rund seien und das Ganze sich so verhalte wie seine Teile. In diesem Beweisteil steckt vermutlich ein Rest des zweiten Aristotelischen Beweises zur Kugelgestalt, der von dem Bestreben schwerer Materie, sich gleichweit um einen Mittelpunkt herum anzuordnen, ausgeht. Daß Wassertropfen von Natur aus rund seien, kann man auch bei Plinius lesen (17). Der dritte Aristotelische Beweis mit dem Schatten bei Mondfinsternissen fehlt bei Sacrobosco ebenso wie bei Ptolemäus.
In seinem Absatz über die Berechnung des Erdumfanges (18) beruft sich Sacrobosco u.a. auf Eratosthenes, dessen Meßergebnis von 252.000 Stadien, d.h. 700 Stadien je Grad, er übernimmt. Über die Länge eines Stadion, das im Mittelalter kein übliches Maß war, macht er keine Angaben. Eratosthenes und Poseidonios hatten nach der Überlieferung von Kleomedes ja Segmente des Erdumfanges gemessen, während man vorher (Aristoteles) wohl nur von Vermutungen ausgegangen war. Die Methode, die Sacrobosco dann im folgenden angibt, ist allerdings nicht die des Eratosthenes. Vielmehr handelt es sich um die Methode, mit der nach dem Bericht von Alfraganus (gest. vor 950) arabische Astronomen im Auftrage des Kalifen al-Ma'm_un die Länge eines Längengrades gemessen hatten (19). Dies geschah um 900 n.Chr. Die Methode des Eratosthenes ist nicht etwa kritisiert, sondern durch eine andere ersetzt worden. Vom Gesichtspunkt der Genauigkeit aus waren beide nicht unproblematisch.
Schließlich informiert Sacrobosco noch über drei Arten, die Erde in Zonen einzuteilen:
1. Die fünf Zonen nach ihrer Bewohnbarkeit, für die er Belegstellen bei Vergil (70 - 19 v.Chr.) und Ovid (43 v. - 17 n.Chr.) anführt und die in der kartographie-historischen Literatur als "Macrobius-Karten" (5. Jahrhundert n.Chr.) bezeichnet werden. Die fünf Zonen entstehen durch die Polarkreise und die Wendekreise der Sonne. Während die Polgebiete als zu kalt und die Äquatorzone als zu heiß gelten, bleiben nur die beiden auf der nördlichen und südlichen Halbkugel dazwischen liegenden Zonen als bewohnbar übrig. Die so charakterisierte Einteilung ist verhältnismäßig grob, wird aber von Sacrobosco deswegen nicht getadelt. An anderer Stelle setzt er sich über diese Vorstellung hinweg, indem er von den Erfahrungen der Bewohner äquatorialer Gegenden berichtet (20), über denen die Sonne zweimal im Jahr im Zenit steht. Als Textzeugen führt er dazu Alfraganus und Lucan (39 - 65 n.Chr.) an.
2. Nicht weniger grob und auch kaum verbreitet war im Mittelalter die Einteilung der Erde in vier Teile. Bei Sacrobosco dienen der Äquator und ein Meridian zur Abgrenzung. Der Meridian wird zwar nicht näher gekennzeichnet, aber es muß sich wohl um den ptolemäischen Nullmeridian handeln, der durch die "Insulae fortunatae" (später: Kanarische Inseln) ging, denn eines der entstehenden Erdviertel ist das bewohnte. Diese Einteilung wird in der Literatur auf Krates von Mallos (um 150 v. Chr.) zurückgeführt (21), wo vier Festlandsblöcke allerdings von zwei sich schneidenden Ozeangürteln getrennt sein sollen.
3. Sehr viel genauer ist die Einteilung in sogenannte Klimazonen, die Sacrobosco auf die bewohnte Erde beschränkt wissen will (22). Hierbei handelt es sich um Streifen, die auf der nördlichen Halbkugel parallel zum Äquator liegen. Sacrobosco gibt die Mitte jeder Zone sowohl mit der Zahl der Stunden des längsten Tages als auch in Graden an, dazu noch Anfang und Ende jeder Zone. Diese Genauigkeit ist ungewöhnlich und weist auf eine astronomische Quelle hin, die er aber nicht nennt. Die Zonen sind so gewählt, daß sie voneinander um eine halbe Stunde am längsten Tag entfernt sind. Die südlichste, in der die oberägyptische Nilinsel Meroë liegt, hat den längsten Tag von 13 Stunden, denen eine Polhöhe von 16° entspricht. Die Wahl der Stunden der längsten Tage stimmt mit Eratosthenes und Ptolemäus (23) überein, die Gradangaben ebenfalls bis auf die des fünften Klimas (Sacrobosco 41°, Ptolemäus 40°). Die Bezeichnung der Zonen stimmt allerdings nur bis zum vierten Klima überein, im fünften bis siebten weicht sie von Ptolemäus ab. Das fünfte Klima wird bei Sacrobosco durch Rom gekennzeichnet, obwohl diese Stadt 42° nördlicher Breite liegt. In vergleichbaren Zoneneinteilungen liegt Rom im sechsten Klima (24). Möglicherweise hat Sacrobosco mit einer arabisch beeinflußten Vorlage gearbeitet, wo "Al-Rhum" für Ostrom steht. Dieses würde der ptolemäischen Bezeichnung "Hellespont" für das fünfte Klima eher entsprechen. Sacroboscos sechstes Klima trägt denselben Namen wie das siebte bei Ptolemäus, "Borystenes", und für das siebte Klima hat Sacrobosco den sonst nicht verwendeten Begriff "Dia Ripheos".
Diese Aussagen sind zur Zeit von Sacrobosco nicht besonders originell, aber er bringt sie in eine klassisch einfache Form, versieht sie teilweise mit Beweisen und hält sich aus Polemik heraus, was man bei der Frage der Wasserkugel deutlich merkt. Robert Grosseteste schrieb etwa gleichzeitig einen ähnlichen Traktat. Aber nicht dieser, sondern der von Sacrobosco wurde ein Standardwerk, das bis in die Neuzeit hinein verbreitet (und gedruckt) wurde und im Universitätsunterricht teilweise die Astronomie abdeckte. Sacroboscos "Tractatus de Sphaera" war eine wesentliche Quelle für Pierre d'Ailly, dessen Werke wiederum von Kolumbus studiert und mit Anmerkungen versehen wurden.
Sacroboscos Quellen sind in erster Linie Alfraganus und Albategnius und - direkt oder indirekt - Aristoteles, Euklid, Ptolemäus (25). Seine Kenntnis der Klassischen Dichtung ist bemerkenswert und vermutlich originell. Sie führt uns eine zum Teil unerwartete Durchdringung der römischen Literatur mit griechischer Astronomie vor und nötigt - mindestens im Bereich der Geographiegeschichte - zur Revision einiger Datierungen.
Ohne auf physikalische und astronomische Beweise zu rekurrieren, waren Spätantike und frühes Mittelalter - soweit schriftliche Zeugnisse vorliegen - von der Kugelgestalt der Erde ausgegangen. Durchgängig war die Literatur zu den fünf und sieben Zonenschemata rezipiert, die ohne Kugel undenkbar wären. In der höfischen Dichtung der karolingischen und ottonischen Zeit ist öfter von der sphärischen Welt und der kugelförmigen Erde die Rede. Und seit dem 9. Jahrhundert übernahmen die Kaiser das schon in der Antike vorgeprägte Herrschaftszeichen des Reichsapfels, in dem sich nach damaliger Anschauung die Erdkugel verbirgt. Nicht die Kugelgestalt der Erde stand in Frage, wohl aber konnte es theologischen Widerstand hervorrufen, wenn auf dem bewohnbaren Teil der südlichen Halbkugel Menschen (Antipoden) vermutet wurden. Dagegen hatten sich insbesondere Augustinus und Laktanz ausgesprochen.
Warum Sacrobosco ausdrücklich Beweise für die Kugelgestalt der Erde in seinen Traktat aufnimmt, läßt er nicht erkennen. Es ist nicht bekannt, daß damals grundlegende Einwände gegen die Kugelgestalt aufgeflammt wären, und vor allem, von wem sie ausgingen. Aber Sacrobosco ist nicht der einzige Autor, der in dieser Sache auf einen Gegner deutet, den er nicht nennt, dessen Argumente er verschweigt und der in der Literatur unbekannt geblieben ist. Bei Albertus Magnus (26) und Dante (27) scheint es ebenfalls Hinweise auf diesen unbekannten Gegner zu geben. Bei diesen beiden Autoren wird auch noch die Frage erörtert, ob die Erde von der Kugelgestalt abweiche, was mit der unterschiedlichen Verteilung von Land und Wasser auf der nördlichen und südlichen Halbkugel in Zusammenhang gebracht wird. Auf eine gelehrte Meinung dieser Art spielte auch Plinius schon an, ohne auf Gründe einzugehen (28). Diese Diskussion hatte ihren Ursprung in der Elemententheorie von Aristoteles, der die unterschiedliche Schwere bzw. Leichtigkeit der Elemente Erde, Wasser, Luft und Feuer mit deren Anordnung in konzentrischen Kugelschalen schematisch erklärt hatte. Hier scheint eine Verwechslung des Elements "Erde" mit dem Planeten "Erde" passiert zu sein oder eine vorschnelle Übertragung der Elemententheorie auf den Planeten "Erde". Die Elemententheorie wurde im Mittelalter als Urzustand des Planeten Erde gedeutet und mit dem ersten Schöpfungstag oder der Sintflut gleichgesetzt. Der heutige Zustand, bei dem ja ein Teil der Erdoberfläche aus dem Wasser herausragt, war dann schwierig zu deuten, wobei vor allem die Stabilität der Ozeane problematisch blieb.
Sacrobosco argumentiert ausdrücklich, daß die Erde nicht flach sein könne, sagt aber nicht, wer sie für flach hält oder gehalten hat, was bei Plinius (29) ein Streit zwischen den Gelehrten und dem gemeinen Mann gewesen war. Dieses Argument kann man sich weder bei Seefahrern noch bei Bewohnern weitläufiger Landschaften (wie Steppen und Wüsten) vorstellen. Denn wenn man eine Tangente an die Erde legt, dann entfernt sich die Kugel auf zehn Kilometer um sieben Meter von der Tangente, anders ausgedrückt: auf 30 Kilometer Entfernung ist (bei klarer Sicht) ein 21 Meter hoher Turm unter der Krümmung verschwunden.
(2) Aristoteles, De coelo, II, 14. - Uta Lindgren: Warum wurde die Erde für eine Kugel gehalten? In: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 1990, S. 562-544.
(3) s. den Beitrag von Heinz-Dietmar Richter in diesem Band.
(4) Ernst Honigmann: Die sieben Klimata und die Poleis episemoi. Eine Untersuchung zur Geschichte der Geographie und Astrologie im Altertum und Mittelalter. Heidelberg 1929.
(5) Claudius Ptolemäus, Almagest I, 4.
(6) C. Ptolemäus (Anm. 5), II, 71.
(7) C. Ptolemäus (Anm. 5), II, 72.
(8) C. Ptolemäus (Anm. 5), II, 72.
(9) Plinius d.Ä., Historia naturalis, II, 2.
(10) "terram globo similem". Beda Venerabilis: De natura rerum XLVI.
(11) Vgl. U. Lindgren (Anm. 2), S. 562-544.
(12) Lynn Thorndike: The sphere of Sacrobosco and its Commentators. Chicago 1949.
(13) L. Thorndike (Anm. 12), S. 81.
(14) L. Thorndike (Anm. 12), S. 82.
(15) Aristoteles (Anm. 2), II, 67, 75. - Folker Reichert: Chinas Beitrag zum Weltbild der Europäer. Zur Rezeption der Fernost-Kenntnisse im 13. und 14. Jahrhundert (Zeitschrift für Historische Forschung, Bd. 6: Das geographische Weltbild um 1300). Berlin 1989, S. 33-57.
(16) L. Thorndike (Anm. 12), S. 83.
(17) Plinius d.Ä. (Anm. 9), II, 65.
(18) L. Thorndike (Anm. 12), S. 85.
(19) Edward Stuart Kennedy: A Commentary upon Biruni's Kitab Tahdid al-amakin. Beirut 1973.
(20) L. Thorndike (Anm. 12), S. 104.
(21) Anna-Dorothea von den Brincken: Mappa mundi. In: Anton Legner (Hrsg.): Monumenta Annonis. Köln 1975. Eine entsprechende mittelalterliche Abbildung ist mir bislang nicht begegnet.
(22) L. Thorndike (Anm. 12), S. 111-112.
(23) C. Ptolemäus (Anm. 5), II, 13 (Winkeltabellen).
(24) Vgl. Uta Lindgren: Ptolemée chez Gerbert d'Aurillac. In: Gerberto. Scienza, storia e mito. Bobbio 1985. Überarbeitete deutsche Fassung in: Die Artes liberales in Antike und Mittelalter. Bildungs- und wissenschaftsgeschichtliche Entwicklungslinien (Algorismus Heft 8). München 1992.
(25) L. Thorndike (Anm. 12), S. 15.
(26) Albertus Magnus: De natura loci ex latitudine (...), um 1250.
(27) Dante: De situ et forma aque et terrae, 1320.
(28) Plinius d.Ä. (Anm. 9), II, 65.
(29) Plinius d.Ä. (Anm. 9), II, 65.