Ibero-Amerikanisches Archiv XVII (1943) 49-64
Der "Erdapfel" des Martin Behaim
Von Oswald Muris, Frankfurt a.O.
Anmerkung: Die Originalarbeit enthält keinerlei
Zwischenüberschriften; diese wurden --- unter Erhaltung der
ursprünglichen Absatzstruktur --- zur inhaltlichen Indizierung vom
Bearbeiter eingefügt.
---G. Görz
[01* EINLEITUNG: DER GLOBUS UND SEIN AUFSTELLUNGSORT]
[02* KULTURHISTORISCHER WERT]
[03* HERSTELLUNGSTECHNIK UND AUFBAU DES GLOBUS]
[04* VERANLASSUNG SEINER HERSTELLUNG UND BETEILIGTE]
[05* GRÖSSE DES GLOBUS UND GESTELL]
[06* GRADEINTEILUNG UND GROSSKREISE]
[07* FARBIGKEIT UND RESTAURIERUNGEN]
[08* INSCHRIFTEN]
[09* SCHWARZWEISS-AUFNAHMEN UND GEGENWÄRTIGER ZUSTAND]
[10* GESAMTBILD DES GLOBUS]
[11* MINIATUREN]
[12* SIEDLUNGEN UND ORTSNAMEN]
[13* LEGENDEN]
[14* KARTENBILD]
[15* ZU LITERARISCHEN QUELLEN]
[16* LITERARISCHE QUELLEN: PTOLEMÄUS UND FEHLERHAFTE OST-WEST-AUSDEHNUNG]
[17* LITERARISCHE QUELLEN: STRABO, PLINIUS UND ARISTOTELES]
[18* LITERARISCHE QUELLEN: MARCO POLO, MANDEVILLE U.A.]
[19* ZUM ERDBILD]
[20* NÖRDLICHE POLARKALOTTE]
[21* SIBIRIEN]
[22* MITTELMEERRAUM]
[23* NORDEUROPA]
[24* EINFLUSS SCHEDELS UND DES NÜRNBERGER HUMANISTENKREISES]
[25* SCHWARZES, ASOWSCHES UND KASPISCHES MEER]
[26* EUROPÄISCHES FESTLAND]
[27* FLUSSNETZ EUROPAS]
[28* BRITISCHE INSELN, THULE, ``BRAZIL'']
[29* GEBIRGE EUROPAS]
[30* NAMENSBEZEICHNUNGEN UND MINIATUREN IN EUROPA]
[31* ASIEN: SÜDRAND]
[32* SÜDOST- UND OSTASIATISCHE KÜSTE, PAZIFISCHE INSELN]
[33* INNERASIEN]
[34* INNERASIEN]
[35* ASIEN: INSCHRIFTEN]
[36* AFRIKA]
[37* WESTKÜSTE AFRIKAS]
[38* NORDKÜSTE AFRIKAS UND ROTES MEER]
[39* INNERAFRIKA]
[40* ATLANTISCHE INSELN]
[41* LEBENSENDE BEHAIMS]
[42* Der Behaim-Globus zu Nürnberg
Eine Faksimile-Wiedergabe in 92 Einzelbildern:
Vorbemerkung]
[43* AUTORLEGENDE]
[44*] Anmerkungen
Im Germanischen Nationalmuseum zu Nürnberg befindet sich wohl das
eigenartigste und bedeutsamste Kulturdokument des ausgehenden
15. Jahrhunderts, der "Erdapfel" des Ritters Martin von Behaim (1), wie ihn dieser sein Verfertiger selbst genannt
hat. Martin Behaim hatte ihn während eines kaum dreijährigen
Aufenthaltes in seiner Heimatstadt auf Anregung des Rates der Stadt
Nürnberg angefertigt und nach seiner Fertigstellung 1492 der Stadt zum
Geschenk gemacht als Dank für die gastliche Aufnahme. Anfänglich viel
bewundertes Schaustück, geriet es nach und nach in Vergessenheit. Im
Laufe des 17. Jahrhunderts stellte die Stadt Nürnberg den Globus der
Familie Behaim wieder zur Verfügung, in deren Besitz er bis zum Jahre
1937 verblieb, seit 19O7 allerdings bereits als Leihgabe an das
Nürnberger Nationalmuseum. Nach einer Mitteilung des ersten Direktors
des Museums, Dr. Kohlhaußen, ist er 1937 endgültig in den Besitz des
Germanischen Nationalmuseums übergegangen, nachdem Gefahr bestanden
hatte, daß er nach Amerika verkauft würde. Es ist dem Führer des
Deutschen Reiches und dem Oberbürgermeister der Stadt Nürnberg zu
verdanken, daß sie durch Bereitstellung namhafter Summen den Erwerb
durch das Museum ermöglicht haben.
Der Globus ist eine der größten geographisch-historischen
Kostbarkeiten, die Deutschland besitzt. Sein kulturhistorischer Wert
steht außer Zweifel, nicht nur, weil er der älteste durch Legenden
erläuterte Globus der Welt ist und neben dem Laonglobus (2) der einzige, der das vorcolumbische Erdbild,
d.h. also dasjenige vor der Entdeckung Amerikas, vermittelt, sondern
auch weil seine technische Ausführung einen hohen Grad von
Kunstfertigkeit auf dem Gebiet der Globusherstellung aufweist, wie sie
eigentlich erst in den darauffolgenden Jahrhunderten von neuem
erreicht wurde.
Globen aus Holz und Metall waren zur Zeit Behaims allgemein bekannt
und vielfach genutzt. Andere Werkstoffe wie Pergament, Leder und
Leinen waren zwar als Globusmaterial auch schon bekannt, (3) aber wenig angewandt, da ihre Verarbeitung
Schwierigkeiten bereitete, vor allem deswegen, weil man es noch nicht
verstand, die nachträgliche Schrumpfung dieser Stoffe zu
vermeiden. Beim Behaimschen "Erdapfel" [S.50] ist dieses Problem
werktechnisch gelöst, und damit dürfte, wie R. Uhden (4)
richtig vermutet, dieser Globus das älteste Beispiel für eine
derartige Lösung sein. Der Globus selbst besteht aus einer Pappmasse,
die über einer Lehmform zur Hohlkugel gerundet, dann am Äquator
aufgeschnitten und nach Entfernung der Form wieder zusammengefügt
wurde. Eine darüber gelegte Schicht Gips bildet die verfestigte
Grundlage, auf die nunmehr die bereits fertig beschrifteten und
bemalten Pergamentsegmente aufgezogen wurden. Dies ist die älteste und
zweckmäßigste Art der Anfertigung und des Auflegens der Globushaut auf
den Kugelkörper, erstmalig am Behaim-Globus nachweisbar, in der
Literatur allerdings nicht vor der Mitte des dritten Jahrzehntes des
16. Jahrhunderts erwähnt. (5) Diese Zweiecke
(Segmente) sind beim Behaim-Globus ebenfalls wie die Kugelform
zweiteilig aufgetragen und damit in der Methode vereinfacht, während
in den nachfolgenden Zeiten bis ins 17. Jahrhundert, d.h. bis auf
Blaeu und Greuter, die Segmente ungeteilt von Pol zu Pol aufgezogen
werden. Erst diese beiden genannten Globushersteller haben
Halbsegmente ähnlich der Behaimmethode verfertigt, ohne allerdings
eine Ahnung von ihrem weit geschickteren Vorgänger zu besitzen. Und
noch ein anderes nimmt Behaim in seiner Globustechnik vorweg, nämlich
die ganzheitliche Ausfüllung der Polarkalotten mit einem Durchmesser
von 22,0 und 23,1 cm. Er vermeidet damit die Schwierigkeit, die beim
Zusammenpassen von Zweiecken entsteht, die doch in Spitzen
auslaufen. Erst Gerhard Mercator hat sich dieser vereinfachten Methode
1541 bei seinen Globen bedient. Schließlich ist auch noch ein weiterer
technischer Fortschritt zu Zeiten Behaims in Nürnberg bekannt, den
erst Matthäus Seuter bei seinen Globen aus dem Jahre 1710 angewandt
hat, nämlich die Lücke zwischen den Segmenten noch besser zu schließen
dadurch, daß man einen schmalen Sektor aus der Kreisscheibe
ausschnitt. Diese gewinnt beim Zusammenfügen der Schnittränder die
Form eines flachen Kegels, der sich der Kugelhaube mit Genauigkeit
anschmiegt. Somit ist nicht Matthäus Seuter, wie M. Fiorini (6) fälschlicherweise meint, der Erfinder dieser neuen
Technik, sondern sie ist schon den Nürnberger Globusmachern seit 1492
bekannt, und Seuter kann allenfalls nur als ihr Wiederentdecker
bezeichnet werden.
Über die Veranlassung und Entstehung des "Erdapfels" besteht auf Grund
der Legende volle Klarheit. Das Jahr der Beendigung - 1492 - ist auf
dem Globus vermerkt (Abb. 87, S. 47). Es ist erstaunlich, in welch
kurzer Zeit ein solches für die damalige Zeit kompliziertes Werk hat
hergestellt werden können, denn Behaim kommt 1491 zu einem längeren
Besuch nach Nürnberg und verläßt die Stadt im Jahre 1493. Selbst wenn
ihm der Auftrag sehr bald nach seiner Ankunft übertragen worden ist,
bleibt nur eine ein wenig mehr als ein Jahr umfassende Zeitspanne
dafür übrig. Die noch heute im Nürnberger Stadtarchiv vorhandenen und
von Dr. J. Petz (7) im Jahre 1886 erstmalig
veröffentlichten Rechnungsfaszikel geben uns hinreichend Aufschluß
sowohl über die Art und die Kosten der Herstellung als auch über eine
Reihe von Mitarbeitern, die an diesem Werk tätig gewesen und entlohnt
worden sind. Außer Behaim selbst werden genannt der Gewerkmeister
Kalperger, den Behaim auf Anforderung des Nürnberger Rates in der
Kunst der Globusverfertigung unterwies, und Georg Glockendon, ein
anerkannter Meister der Kleinmalkunst. Er vor allem führte [S.51] die
künstlerisch feinen Miniatur- und Wappenbildchen aus und setzte sich
und seiner Kunst damit ein hervorragendes Denkmal. Aus der
Rechnungslegung ist außerdem bekannt geworden, daß Behaim auch eine
Weltkarte hergestellt hat, deren Erdbild auf den Globus übertragen
wurde. Die Karte selbst muß als verloren angesehen werden. Ob ihr
Erdbild auf die ebenfalls verlorene Weltkarte des Toscanelli von 1474
zurückzuführen ist, wird kaum mehr nachzuweisen sein, obwohl die
Annahme nicht von der Hand zu weisen sein dürfte, daß Behaim die
Toscanelli-Karte gekannt haben mag.
Der Globus ruht, wie die am Anfang dieses Heftes stehende Farbtafel
zeigt, in einem Metalldreifuß, der nach Angabe von Dr. Kohlhaußen 1510
an Stelle eines früheren Holzgestells gefertigt wurde. Der
Kugelumfang, am Äquator gemessen, beträgt 1595 mm, der Durchmesser
danach 507 mm. Daraus ergibt sich ein Masstab von 1 : 25 200 000. Es
ist dies für seine Zeit ein ungemein großer Globus. Die beiden
Polpunkte sind durch eine Metallachse verbunden, ein Zeichen dafür,
daß man zu Zeiten Behaims von der Drehung der Erde um sich selbst
schon eine feste Vorstellung hatte. In der reichsfreien Stadt Nürnberg
durfte Behaim wohl diese von der Kirche damals scharf bekämpfte
Meinung ohne Nachteil für sich vertreten, während es wenige Jahrzehnte
vorher der berühmte deutsche Kirchenfürst und Gelehrte Nikolaus von
Cusa nur wagen durfte, diese Behauptung ganz versteckt zwischen den
Zeilen zum Ausdruck zu bringen. Der Meridianring aus Messing ist
allerdings nicht von Behaim selbst angebracht worden, sondern wurde,
wie aus dem Rechnungsfaszikel von 1510 zu ersehen ist, erst später
angelegt.
Der Behaim-Globus enthält im Gegensatz zu den meisten alten Globen, so
auch zu seinem Zeitgenossen, dem kleinen Laon-Globus, keine
Gradnetzeinteilung. Der Äquator allerdings ist deutlich in 360 Grade
eingeteilt. Ebenso sind die beiden Wende- und Polarkreise
vorhanden. Außerdem ist auch noch die Ekliptik eingezeichnet (Abb. 9,
11, 36, 38, 41, 43, 45, 47, 49, 51, 52, 54, 81). Auf ihr stehen in
gleichen Abständen die Tierkreiszeichen in Kreisen mit blauem
Hintergrund. Als einziger Meridian ist nur der achtzigste westlich von
Lissabon eingezeichnet (Abb. 1, 8, 9, 32, 33, 56, 57).
Bei dem sehr hohen Alter des Erdapfels ist es kein Wunder, daß er viel
von seiner Jugendfrische und Farbenfreudigkeit verloren hat. Material
und Farben weisen deutlich den nagenden Zahn der Zeit auf. Die Farben
vor allem sind stark nachgedunkelt, so daß der ursprüngliche
Farbenreichtum nicht mehr vorhanden ist. Dazu kommt, daß an dem Globus
des öfteren gebessert und nachgetragen worden ist, vielleicht nicht
immer zu seinem Vorteil. Ghillany (8) berichtet von
einer Restauration vom Jahre 1823, die von einem gewissen Karl Bauer
und seinem Sohne Johann Bernhard durchgeführt worden ist. Ravenstein
(9) nennt noch eine solche vom Jahre 1847 und weist
darauf hin, daß diese Restaurationen ohne Hinzuziehung kompetenter
Geographen erfolgt seien, worauf viele in den Legenden vorhandene
Irrtümer und Mißdeutungen zurückzuführen sind. Nachdem das Germanische
Nationalmuseum den Globus erworben hatte, bedurfte es einer
grundlegenden und sorgfältigen Reinigung und Herrichtung durch den
Restaurator Barfuß, um ihn dem wissenschaftlichen Studium wieder
zugänglich zu machen. (10) Dabei ist das
ursprüngliche Erdbild wieder soweit sichtbar geworden, daß eine
Vergleichung der vorhandenen Kopien und Faksimiles möglich sein wird.
[S.52]
So wie der Behaim-Globus auf uns überkommen ist,
ist er ein kulturhistorisches Dokument besonderer Art. Seinem
geographisch-historischen Quellenwert haben S. Günther (12) und E. G. Ravenstein (13)
eingehende Untersuchungen gewidmet. Jedoch bleibt noch eine Reihe von
Problemen offen, insbesondere nach der kultur- und kunsthistorischen
Seite hin. Als vordringliche und notwendige Arbeit wäre eine
sorgfältige Untersuchung des Schrifttextes auf Grund von
wissenschaftlich paläographischen Methoden notwendig, einmal um seinen
Wert als Schriftkunstwerk darzulegen, zum andern aber, um den Urtext,
der auf Martin Behaim zurückgeht, endgültig festzustellen. Die
Schrifttexte der vorhandenen bekannten Faksimiles decken sich nicht,
ja widersprechen sich vielfach. Ein Blick auf die Abbildungen dieses
Heftes ergibt die unbestrittene Tatsache, daß unter einzelnen
Übermalungen und Überschriftungen noch andere, wahrscheinlich
ursprüngliche Schriftzeichen liegen. Es ist dies auch ohne weiteres
vorauszusetzen, da, wie schon oben gesagt wurde, in den auf Behaim
folgenden Zeiten mancherlei Hinzufügungen und Nachschriften erfolgt
sind. Ebenso wurden beschädigte oder zerstörte Schriftstellen
nachgeschrieben. Ob sinnvoll oder nicht, richtig oder falsch, das
müßte erst eine eingehende wissenschaftliche Untersuchung ergeben. Die
Widersprüche zwischen den vorhandenen älteren Faksimiles lassen noch
eine Reihe ungelöster Rätsel offen. Von kunsthistorischer Seite wäre
ferner zu untersuchen die Miniaturzeichnung des Meisters Glockendon
und ihre Bedeutung für die damalige Zeit. Ebenso täte auch eine
gründliche Untersuchung über die von Martin Behaim benutzten Quellen
not, sowohl über die auf dem Globus genannten als auch über
diejenigen, die Behaim nicht anführt und die er dennoch unzweifelhaft
benutzt hat. Denn es stand ihm außer portugiesischen Schriftquellen
auch zahlreiches Kartenmaterial von seinen portugiesischen Seefahrten
zur Verfügung, nach dem er sein Erdbild geschaffen hat. [S.53]
Unsere durch Zeit und Raum eng begrenzten Ausführungen können all
diesen Fragen nicht gerecht werden. Unsere Aufgabe ist es, auf der
Grundlage der für diese Zwecke eigens angefertigten 92
Spezialaufnahmen des "Erdapfels" (siehe Seite 2-48) eine Beschreibung
seines gegenwärtigen Zustandes und seines Erdbildes zu geben, wobei
wir uns nur auf eine Deutung des Inhaltes beschränken. Damit sollen
sein Wert und seine Bedeutung gewissermaßen als Geburtstagsgedenken
seines nunmehr 450jährigen Bestehens gewürdigt werden. Auf ein Mehr
als dieses erheben diese Ausführungen keinen Anspruch. Zu diesem Zweck
steht uns außer den Photographien auch noch eine Abschrift der
gegenwärtig auf dem Globus sichtbaren Legende zur Verfügung. Daneben
werden aushilfsweise herangezogen das Faksimile von Ghillany, das
allerdings wenig erschöpfend und treu ist, und das von Ravenstein,
dessen Inhalt in mancher Hinsicht von der heute am Globus sichtbaren
Zeichnung und Beschriftung abweicht.
Als Ganzes gesehen, ist der "Erdapfel" einer der ganz wenigen
handgemalten Globen und dazu einer, der mit umfangreichem Text
versehen ist. Neben dem rein kartographischen Erdbild enthält er
weitläufige Legenden, die sowohl den Anlaß der Entstehung mitteilen,
als auch Erläuterungen der abgebildeten Erdlandschaften
darbieten. Außerdem ist er "illustriert", d.h. mit 111 äußerst fein
gemalten Miniaturbildern und 48 Staatsflaggen, davon allein 10
portugiesischen, und 15 Wappenzeichen versehen. Sie geben dem
physischen Erdbild die politisch-geographische Note. Entlang der
Ekliptik stehen, wie schon gesagt, in gleichen Abständen die 12
Tierkreisbilder als zumeist rote Figuren in fein ausgeführten Kreisen
auf blauem Hintergrund. Ursprünglich waren die Meere in einem satten,
dunkelblau gehaltenen Farbton dargestellt, außer dem Roten Meer, das
entsprechend seinem Namen purpurrot aufgetragen war. Die Farbe der
Kontinente und Inseln war lichtbraun, in einigen wenigen
Ausnahmefällen rot, die Wälder sind dunkelgrün, die Gebirge violett in
bildhaften Formen als aneinandergereihte Berggipfel, während Schnee-
und Eisgebiete mit einem Silberton angedeutet waren. Die Polarkalotte
der Antarktis (Abb. 84-90) trägt das Nürnberger Stadtwappen, den
Reichsadler mit dem Kopf und Oberleib einer Jungfrau. Am Fußende des
Wappens befinden sich fünf Wappenschilder, diejenigen der drei
Nürnberger Ratsherrn Gabriel Nützel, Paul Volckman und Nikolaus
Groland, die zur Zeit der Herstellung des Globus in Nürnberg als
Stadtoberhäupter regierten und den Globus in Auftrag gegeben haben,
sowie das Wappen Martin Behaims und das des Ratsschreibers Georg
Holzschuher. Auf Holzschuher, den alten Freund Behaims, ging wohl die
erste Anregung für die Erstellung des "Erdapfels" zurück, und er ist
es auch gewesen, der die sorgfältige Kostenberechnung durchgeführt und
die Honorare an Behaim und seine Mitarbeiter gezahlt hat.
Die Miniaturbildchen des Globus sind verschiedenartigsten
Inhaltes. Ravenstein (14) zählt 48 davon, die
Könige und Herrscher in Zelten und auf Thronen darstellen, wobei die
thronenden zumeist den bekannten europäischen Raum, die in Zelten
dargestellten als exotische Herrscher die afrikanischen, asiatischen
und andere fremde Räume erfüllen. Einzelne Gestalten stellen Heilige
und Apostel dar, so an der Küste Palästinas und an der Nordküste
Kleinasiens (Abb. 19), bei Rom (Petrus und Paulus, Abb. 14) und an der
spanischen Nordwestküste (Jakobus? Abb. 14); in Äthiopien sieht man
eine Gestalt mit einer Tiara, die einen Knienden segnet (Abb. 42). Im
allgemeinen ist aber Martin Behaim sehr sparsam mit biblischen
Reminiszenzen, und es bedeutet bereits ein charakteristisches Zeichen
seiner Zeit, daß jegliche Mittelpunktsbeziehungen auf Jerusalem oder
sonstige biblische Orte, wie dies in den Kartendarstellungen des
12.-14. Jahrhunderts der Fall ist, völlig fehlen, ebenso auch
Ortsbezeichnungen rein religiösen Charakters wie etwa das Paradies,
der Ort des letzten Gerichtes u.a. Nur der Standort der Arche Noah auf
dem Ararat ist bezeichnet (Abb. 18), und einige [S.54] wenige
Bemerkungen nehmen Bezug auf die Bibel als Quelle. Es muß als
besondere charakteristische Tatsache hervorgehoben werden, daß sich
Martin Behaim einer bemerkenswerten Sachlichkeit in seinen bildhaften
Darstellungen befleißigt. Zwar beleben noch Seeschlangen, Seelöwen,
Seepferde und Seekühe die Meere, aber wie sollte es auch anders sein,
da diese Zeiten an diese Fabelwesen glaubten und sie für wirklich
nahmen. Sonst aber werden die Tiere, insbesondere die Landtiere, wenn
auch nicht immer am richtigen Orte eingetragen, so doch in ihren
wahren Gestalten dargestellt. So werden in den fremden Erdteilen
Elefanten, Löwen, Bären, Strauße, Kamele, Papageien, Schlangen und
anderes dargestellt. Neben verschiedenen Fischbildern erscheint in der
Antarktis ein mächtiger Walfisch. Ravenstein (15)
weist auf einen seltsamen Mangel hin, und zwar den, daß Behaim im Golf
von Guinea keine fliegenden Fische dargestellt habe, die er doch auf
seinen beiden Fahrten an der afrikanischen Küste erlebt haben
müsse. Wenn Behaim in der Gegend der Kapverdischen Inseln eine
Fischjungfrau und einen Fischmann einzeichnet (Abb. 36), so mag das
wohl eher als eine fabelhafte Ausschmückung gedacht sein denn als
geglaubte Wirklichkeit. Einzelne der Miniaturbilder bedürften noch
einer inhaltlichen Deutung. So scheint es mir, als wenn manche
Darstellungen auf zeitgenössische oder geschichtliche
Tatsachenberichte zurückgingen. Die drei Männer im armenischen
Bergland (Abb. 21) könnten unbedenklich als die bekannten
Weltreisenden der Familie Polo identifiziert werden. Ging doch Marco
Polo in Begleitung seines Vaters und seines Onkels den Weg von
Trapezunt durch Armenien nach Ostasien. Die zahlreichen Schiffbilder
in den verschiedensten Meeren sollen auf den damals überaus lebhaften
Handelsverkehr und auf die vielfachen Forschungs- und
Entdeckungsfahrten hinweisen. So sind die Punkte, die Diogo Cão und
Bartolomeu Dias an der afrikanischen Küste erreicht haben, nicht nur
in einer Legende vermerkt, sondern auch durch Karavellen
gekennzeichnet (Abb. 64 und 66).
Die Signaturen für Siedlungen werden stets in bildhafter Form durch
Häuser, Türme, Kirchen u.a. dargestellt. Ravenstein zählt an die 1100
Ortsnamen auf dem Globus. Dabei fehlen im europäischen Raume eine
Reihe ganz bekannter Städte wie etwa Hamburg, Lübeck, Antwerpen,
Brügge u.a. Im ganzen Norddeutschen Tiefland begnügt sich Behaim nur
mit Landbezeichnungen. Allerdings verbietet wohl auch die Enge des
Raumes stellenweise eine ausgiebige und hinreichende Beschriftung, so
daß das Fehlen bekannter Städtenamen, die ohne weiteres vorausgesetzt
werden konnten, vielleicht dadurch seine Erklärung findet.
Die überaus zahlreichen Legenden sind in den verschiedensten Farben
und Schriftformen ausgeführt. Diese schwarzen, roten, goldenen und
silbernen Schriftzüge mögen dem Globus eine ganz besondere farbige
Note gegeben haben. Es wäre, wie schon gesagt, eine dankenswerte
Aufgabe, zu untersuchen, worauf die Unterschiedlichkeit der
Schriftformen zurückzuführen ist, und vor allem zu klären, was
ursprünglich alte Schrift und entsprechend Urtext ist und was neue
Hinzufügungen durch Nachtrag oder Restauration sind. Wenn in einer
kurzen Legende bei der Inselgruppe der Azoren das Todesjahr des Martin
Behaim vermerkt steht (Abb. 12), dann ist dies eine spätere
Nachtragung.
Wenn wir uns nun dem Erdbilde zuwenden, wie es Martin Behaim auf
seinem Globus darstellt, so bedarf es noch einiger grundlegenden
Vorbemerkungen, ehe wir an seine Beschreibung herangehen. Da ist
einmal die Frage des Zeitgeistes, aus dem heraus das Erdbild zu
verstehen ist, zum andern aber die Wertung der Quellen, auf die Martin
Behaim zurückgreift. Ich habe an anderer Stelle (16) Gelegenheit gehabt, auf [S.55] den
zwischenzeitlichen Charakter Martin Behaims hinzuweisen. Er steht an
der Schwelle zweier sich überschneidender Zeitepochen, und zwar am
Ende des ausklingenden Mittelalters und am Anfang eines neuzeitlichen
Denkens. Wie vielen seiner Zeitgenossen hängen ihm noch rein
mittelalterliche Denkformen an, wie auch die absolute Abhängigkeit von
der Autorität der antiken Schriftsteller. Sie werden kritiklos
übernommen und nicht nur sie, sondern auch alle anderen Quellen. Aber
in ihm ist doch schon der neue Geist lebendig, der auf die Loslösung
des Individuums von den mittelalterlichen korporativen Bindungen
hinzielt. Humanismus und Renaissance künden sich bereits auch in ihm
in neuen Denk- und Lebensformen an. Sein Zeitalter, als das der
beginnenden Entdeckungen neuer Erdräume bekannt, ist erfüllt von
Persönlichkeiten, die, ohne korporative Bindung auf sich selbst und
ihre Initiative gestellt, weltweite Pläne zur Durchführung bringen. In
diesen sich so aus der Einzelpersönlichkeit revolutionär gestaltenden
Zeiten steht Martin Behaim als weitgereister Kaufmann. Er ist erfüllt
mit dem Wissen und Können, das seine Zeit von ihm fordert und das, als
humanistisches gekennzeichnet, sich auf die reale Tatsachenwelt
konzentriert, auf das sich verlassend, was durch Vernunft und Verstand
erfaßt wurde und Wirklichkeitswert besitzt. So ist das Erdbild des
Behaim-Globus im Gegensatz zu den meisten voraufgehenden Karten des
Mittelalters ein durchaus sachliches und ein von der Autorität der
Bibel fast gänzlich abgelöstes. Der Globus ist, wie schon oben betont,
kein Irrgarten mittelalterlicher Phantasien mehr, sondern so weit der
Wirklichkeit angenähert, wie es auf Grund der allgemeinen Kenntnis von
der Erde damals möglich war. Der "Erdapfel" weiß noch nichts von der
Entdeckung einer Neuen Welt. Darin liegt insofern ein doppelter
Vorteil für uns, als uns der Globus jenes Erdbild vermittelt, wie es
vor der Entdeckung Amerikas gedacht wurde, und uns damit auch die
Irrtümer sichtbar macht, die notwendig zu den Entdeckungen des
Columbus führen mußten. Wir kommen auf diese Frage noch im einzelnen
zurück.
In ausführlichen Legenden beruft sich Martin Behaim auf eine Anzahl
von Quellenwerken, auf die er bei dem Entwurf seines Erdbildes
zurückgegriffen hat. Daß diese Angaben unvollständig sind, ist heute
kein Geheimnis mehr. Aber die Berufung auf Quellen ist ein Zeichen
seines humanistischen Denkens. Im wesentlichen werden dabei nur die
Schriftwerke genannt, während die vielfachen Kartenwerke, die ihm ohne
Zweifel zur Verfügung standen, unerwähnt bleiben.
Die Kosmographie des berühmten alexandrinischen Gelehrten Ptolemäus
bildet das Grundgerüst, auf dem sich außer den Ortsbezeichnungen der
Umriß des Erdbildes und die astronomisch-mathematischen
Lageberechnungen aufbauen. Sein Name wird wiederholt in den Legenden
genannt (vgl. z.B. Abb. 34-37 und Abb. 74, Mitte). Er ist der
Kronzeuge für alle geographischen Erkenntnisse seiner Zeit. Was er in
seiner Kosmographie niedergeschrieben hat, gilt und darf nicht
bezweifelt werden. Die autoritative Stellung, die Aristoteles auf
wissenschaftlich-philosophischem Gebiet einnimmt, kommt auf
naturwissenschaftlichem in gleichem Maße dem Ptolemäus zu. Noch
Mercator wagte an Ptolemäus nicht zu zweifeln, er ging mit äußerster
Vorsicht an seine Kritik heran und verbesserte ihn nur an
unzweifelhaft falschen Stellen. Für Martin Behaim kommt mit aller
Wahrscheinlichkeit die Ulmer Ausgabe des Ptolemäus von 1482 in
Betracht, die, 1486 wiedergedruckt, das nach
Ptolemäus gezeichnete Erdbild des Dominus Nikolaus Germanus
enthält. Diese Weltkarte liegt somit dem Martin Behaimschen Erdbilde
zu Grunde. Auf sie geht die irrtümliche Darstellung des Indischen
Ozeans als Binnenmeer auch bei Behaim zurück. Ptolemäus ist für das
[S.56] 15. und 16. Jahrhundert die Hauptquelle für die damals bekannte
Alte Welt, insbesondere für Nordeuropa, den Mittelmeerraum, den
vorderen Orient und Nordafrika. Auf ihn geht die irrtümliche und
fehlerhafte Darstellung zurück, der auch das Erdbild des Martin Behaim
unterliegt, daß die West-Ost-Ausdehnung des Mittelländischen Meeres zu
weit gefaßt ist. Dadurch wird dieser Grundfehler auch auf die gesamte
West-Ost-Ausdehnung des Erdbildes übertragen, ja sogar noch in
verstärktem Maße durchgeführt. Infolgedessen ergibt sich, daß die
Entfernung der Ostküste des asiatischen Kontinentes von der Westküste
Europas viel zu kurz angenommen wird, und zwar mit nicht mehr als
120°. Diese fehlerhafte Darstellung ist zu Behaims, d.h. also zu
Columbus' Zeiten geläufig. Diesem Irrtum unterliegt auch die berühmte
Weltkarte des Italieners Toscanelli von 1474, auf die Columbus seinen
Plan einer Westfahrt nach Indien aufbaute, da er meinte, er könne
diesen kurzen Zwischenraum in etwa zehn Tagen Fahrt bewältigen. So ist
die Entdeckung Amerikas einem wissenschaftlichen Irrtum des Ptolemäus
zu verdanken. Darin aber liegt auch der kulturhistorische Wert des
Behaim-Globus, daß er uns diesen Irrtum in seinem Erdbild
veranschaulicht.
Außer Ptolemäus werden von antiken Schriftstellern noch Strabo und
Plinius genannt (Abb. 59 und 86), wie auch in einer Legende auf die
Autorität des Aristoteles Bezug genommen wird. Mit der Nennung dieser
Namen war der Inhalt des Globus sozusagen sakrosankt.
Aber das räumliche Wissen zu Zeiten Martin Behaims geht schon um ein
Bedeutendes über Ptolemäus hinaus. Für den gesamten asiatischen,
insbesondere den ostasiatischen Raum gilt ihm der Reisebericht des
Venezianers Marco Polo (18) als Quelle, die er, wie
Ravenstein festgestellt hat (19), in der
lateinischen Übersetzung des Francisco Pipino von Bologna vom Jahre
1320 (20) gekannt hat. Es ist dies eine der
frühesten Ausgaben, auf die er zurückgreift, obwohl ihm jüngere, auch
deutsche, Ausgaben zur Verfügung standen. Martin Behaim kennt diese
Quelle so gut, daß er die Angaben daraus ganz korrekt nach Kapiteln
macht. Ravenstein hat in seiner Biographie über Martin Behaim eine
sorgfältig durchgeführte Untersuchung angestellt und das Ergebnis in
einer Zeichnung niedergelegt, aus der ersichtlich wird, in welchem
Maße Martin Behaim in seinen Ortsbezeichnungen für den ostasiatischen
Raum auf Marco Polo zurückgreift. Daß neben Ptolemäus und Marco Polo
auch noch ein Ritter Johan de Mandavilla mehrfach als Quelle genannt
wird (vgl. z.B. Abb. 35 und 37), ist insofern von besonderem
Interesse, als es sich hier um eine apokryphe Quelle handelt, auf die
zumeist die dem "Erdapfel" noch anhängenden inhaltlichen
Phantastereien zurückgehen. Allerdings konnte Martin Behaim noch nicht
wissen, daß er hier einem humanistischen Münchhausen ins Garn gegangen
ist, da erst in viel späterer Zeit eine kritische Geschichtsschreibung
feststellen konnte, daß der Lütticher Arzt Jean de Bourgogne unter dem
Pseudonym des Jean de Mandaville einen Reisebericht aus den damals
gangbarsten Itinerarien zusammengeschrieben hat, in dem er, neben
wenig Richtigem, vieles Falsche und Unmögliche berichtet. Das Werk
wurde lange als echte Quelle angesehen. (21) Wenn
Martin Behaim in einer heute nur noch teilweise lesbaren Legende auch
die "Specula Vincenti" anführt (Abb. 33, links vom Meridian, in
mittlerer Höhe), so bezieht er sich damit auf den gelehrten
Dominikanermönch Vincenz von Beauvais, der um 1200 gelebt hat und
seinerseits in seinen Werken auf [S.57] Isidor von Sevilla
zurückgreift, so daß dieser als Quelle im eigentlichen Sinne für
Martin Behaim gelten muß. Auf ihn sind Inselnamen wie Argyra
("argire"), Chryse ("Crisis") und Tylos ("thilis") zurückzuführen, wie
Ravenstein festgestellt hat. (22) Die von Martin
Behaim außerdem benutzten, aber von ihm nicht genannten Quellen müssen
recht zahlreich gewesen sein. Vor allem floß ihm aus italienischem und
portugiesischem Besitz zahlreiches Kartenmaterial zu, das er
unbedenklich als notwendige Arbeitsgrundlage ausgenutzt hat. Es zu
nennen, hielt er nicht für seine Pflicht, da es sich nicht um
Schriftquellen handelte. Hier bedarf es trotz der bisherigen
Untersuchungen von Ravenstein (23) noch gründlicher
Nachforschungen, um volle Klarheit über dieses Problem zu
gewinnen.
Wenn wir das Erdbild des Behaim-Globus auf Grund der 92 Photographien
im einzelnen betrachten, so gelangen wir zu folgenden
Feststellungen:
Von den beiden Polarkalotten ist nur die nördliche von Meer und
Landschaften erfüllt. Die antarktische Welt ist noch völlig
unbekannt. Von dem sagenhaften Australland, wie es in den nächsten
anderthalb Jahrhunderten alle Globen und Weltkarten abgebildet zeigen,
(24) weiß Martin Behaim noch nichts. Wie schon
erwähnt, wird dieser Raum (Abb. 84-90) vom Nürnberger Stadtwappen
ausgefüllt, und eine ausführliche Autorlegende rund um dieses Wappen
gibt hinreichenden Aufschluß über den Auftrag und die Durchführung des
Werkes (vgl. Seite 47). Nach ihr wird der Globus 1492 beendet
(Abb. 87) und der Stadt Nürnberg als Geschenk "zu ern und letze",
d.h. zur Ehre und Freude, überlassen. Daß Behaim sich selbst als in
der kosmographischen Kunst "viel erfarn" bezeichnet, finden wir
begreiflich nach allem, was er auf diesem Gebiete geleistet hat; daß
er aber ein Drittel der Welt umfahren habe, ist etwas reichlich
aufgetragen. Die nördliche Kalotte (Abb. 1-7) enthält eine Reihe von
eis- und schneebedeckten Inseln sowie den Küstenverlauf des
europäischen und asiatischen Festlandes. Eine Landbrücke von dem einen
zum andern umschließt ein Binnenmeerbecken, das als "gefrorenes mer
septentrional" bezeichnet wird (Abb. 5). Auf den Inseln sind
Berggipfel eingezeichnet, und eine menschliche Gestalt mit Pfeil und
Bogen im Anschlag geht einen Eisbären an (Abb. 1). An
Landbezeichnungen werden vermerkt Island, Grönland, Lappland und
"venmarck" (= Finnland?). Selbstverständlich, daß keiner der Umrisse
der Wirklichkeit entspricht. Von Island (Abb. 3) wird gesagt, daß dort
ein weißes Volk lebe und dem christlichen Glauben zugehöre, daß dort
kein Korn wachse und man statt Brot sich von Dörr- und Stockfisch
ernähre, der aus diesem Lande auch nach Deutschland gebracht
werde. Eine besondere Gewohnheit habe man dort, die Hunde teuer zu
verkaufen und die Kinder an die fremden Kaufleute wegzugeben, nur
damit die andern genügend Brot hätten. Einzelne Teile des
Polargebietes werden als nur im Sommer bewohnbar bezeichnet. Eine
kurze Legende führt an, daß dort weiße Falken zu finden seien. Entlang
dem Meridian, der, wie schon gesagt, als einziger auf dem Globus
eingezeichnet ist, stehen von Norden nach Süden die Tageslängen
eingezeichnet, und zwar von sechs Monaten an am Nordpol über fünf,
vier, drei, zwei und einen Monat bis zum 24stündigen Tag am
Polarkreis. Zwei dänische Wappenfahnen geben die politische
Zugehörigkeit der Landschaftsgebiete wieder.
Die auf Marco Polo sich berufende Großlegende entlang der
nordasiatischen Küste, die weit in den asiatischen Kontinent
hineinreicht, gibt über das heutige Sibirien Auskunft. Danach lebt
dort ein nomadisierendes Tatarenvolk, das im Sommer nordwärts ziehe
und auf Pelztiere wie Marder, Zobel, Hermelin und Füchse Jagd mache,
von [S.58] deren Fleisch es sich ernähre und deren Felle es als
Kleider trage. Im Winter zögen die Nomaden südwärts nach Rußland, wo
sie sich Hütten aus Tierhäuten bauten. Korn, Wein und Obst gedeihe
wegen des großen Frostes dort nicht mehr. Sie beteten ein aus Filz
hergestelltes Götterbild an.
Die Umrisse Europas sind ganz dem damals geltenden Vorbilde des
Ptolemäus nachgebildet. Das tritt am deutlichsten im Mittelmeerraum
hervor (Abb. 17 und 19), der, wie gesagt, über die Maßen west-östlich
ausgedehnt erscheint. Die daraus sich ergebende eigenartige,
west-östlich verzerrte Lage der Apenninenhalbinsel ist dafür ganz
besonders charakteristisch. Die Lage der Insel Kreta wurde schon auf
älteren Karten richtiger dargestellt, als es hier bei Martin Behaim
der Fall ist. (25) Eigenartig erscheint es, daß die
Insel Malta bei Behaim ebenso fehlt wie später auch noch bei
Waldseemüller. Die Photographie (Abb. 17) zeigt zwar an dieser Stelle
einige hellere Flecke, aber es läßt sich nicht mit Sicherheit
feststellen, ob es sich um schadhafte Stellen oder um irgendwelche
Umrisse einer Insel handelt. Es scheint, als sei dies nicht der
Fall.
Nordeuropa (Abb. 16) bedeutet nur insofern einen geringen Fortschritt
in der Umrißzeichnung, als Skandinavien nicht mehr als Insel
gezeichnet erscheint, sondern mit dem Festland durch eine allerdings
sehr schmale Landbrücke verbunden ist und somit in seinem
Halbinselcharakter erkannt zu sein scheint. Diese Art der Darstellung
ist übrigens schon auf der Karte des Henricus Martellus Germanus von
1489 sichtbar. Beide Karten zeigen in dieser Hinsicht eine
erstaunliche Ähnlichkeit. Die Nordsee wird als englisches Meer
bezeichnet, wie dies bei den Seeleuten damals der Fall war. Die
Namensbezeichnung der Ostsee als das "mer von alemagna" statt der
sonst üblichen Bezeichnung "germanisches" oder "teutsches" mer ist für
Ravenstein (26) ein schlüssiger Beweis, daß Behaim
hierfür die damals viel benutzten italienischen Portolankarten als
Quelle benutzt hat. Immerhin ist es erstaunlich, wie wenig der doch
schon seit Jahrhunderten kulturell hochentwickelte nordische Raum -
und das gilt vor allem für Nordeuropa - auf dem Behaim-Globus
Berücksichtigung findet. Die Quellen flossen allem Anschein nach recht
spärlich für ihn.
Ravenstein (27) vermutet, daß Behaim in seiner
Arbeit an dem Erdbild unterstützt und beraten wurde von seinen
Nürnberger Freunden, und zwar außer Georg Holzschuher auch noch von
Hieronymus Montarius (Müntzer), Hartmann Schedel und seinem
Jugendfreund Bernhard Walter. Von H. Schedel wissen wir, daß er ein
sehr großes Interesse an der Herstellung des Erdapfels nahm. Durch
R. Staubers Fund und Veröffentlichung der
Schedelschen Bibliothek sind wir hinreichend unterrichtet, mit welchem
Interesse die Vollendung des Werkes von seinen Freunden begleitet
wurde. Schedel bezeichnet auch den Globus als ausschließliches Werk
des Martin Behaim. Von seinen Freunden wird er wohl auch über die
Reiseberichte des Nikolaus Poppel unterrichtet worden sein, die dieser
vor dem versammelten Reichstag in Nürnberg abgelegt hat über seine
beiden Reisen nach Rußland in den Jahren 1486 und 1488.
Das auf dem Behaim-Globus namenlose Schwarze Meer (Abb. 18) zeigt
einigermaßen richtige Umrißformen. Es liegt westöstlich ausgerichtet,
und auch das Asowsche Meer mit der Mündung des Don ist deutlich zu
erkennen. Die Halbinsel Krim ist als Caffa bezeichnet. Aber in all dem
ist die Umrißform doch nur andeutungsweise richtig wiedergegeben. Das
Kaspische Meer, auf dem Globus als "das hyrkanische Meer" bezeichnet
(Abb. 20), hat die damals übliche, aber völlig falsche Achsenrichtung
von [S.59] West nach Ost, zudem auch noch in übermäßiger
Ausdehnung. Der Landraum zwischen dem Schwarzen Meer und der Ostsee
ist in ptolemäischer Manier ungemein schmal und erscheint fast wie
eine Landbrücke zwischen Europa und Asien.
Die Umrißformen des europäischen Festlandes zeigen nur annähernde
Ähnlichkeit mit den wirklichen Formen. Die Pyrenäenhalbinsel und
Frankreich sind durch eine zu schmale, westöstlich verzerrte
Landbrücke verbunden (Abb. 14). Die West- und Nordküste Frankreichs
ist verhältnismäßig richtig. Der deutsche Küstenverlauf jedoch läßt
viel zu wünschen übrig (Abb. 16). Die jütische Halbinsel mit Schleswig
und Holstein hängt ebenfalls nur durch einen schmalen Isthmus mit dem
Festland zusammen. Schwer zu deutende Flecken in der Ostsee belassen
uns im Zweifel, ob es sich um Inseln handelt. Namen sind jedenfalls
nicht vorhanden. Das Ghillanysche und Ravensteinsche Faksimile enthält
auch keine. Nur die mit Namen bezeichnete Insel Gotland ist im
östlichen Teil vorhanden. Und doch möchte ich meinen, daß die
vorhandenen Flecken, die übrigens gut mit der Lage der Inseln Rügen
und Bornholm übereinstimmen, Reste einer solchen Darstellung
sind. Jedenfalls müßte hier noch eine genauere Untersuchung des Globus
Klarheit schaffen.
Das Flußnetz Europas (Abb. 16) ist recht willkürlich behandelt. Auf
der Pyrenäenhalbinsel zeigt es noch leidliche Ähnlichkeit mit dem
wirklichen. Die französischen Flüsse sind nur andeutungsweise in der
Garonne, der Loire und der Rhone zu erkennen. Die Schlauchmündung der
Seine reicht fast bis Paris. Die Rhone zeigt den charakteristischen
Knick bei Lyon, ist aber im Oberlauf zu sehr westöstlich
gestreckt. Der Genfer See ist angedeutet. Von den deutschen Flüssen
sind der Rhein, die Ems, Weser, Elbe, Oder, Weichsel und Donau zu
erkennen. Die Namenbezeichnungen sind sehr schwer
auszumachen. Vielfach sind sie gar nicht vorhanden. Am deutlichsten
ist noch die Donau gekennzeichnet. Im Weichselgebiet sind
unzweifelhaft Namen, allerdings schwer lesbar, vorhanden. Die
Flußläufe zeigen recht willkürlichen Verlauf. Beim Rhein fehlen die
charakteristischen Knicke. Der Bodensee ist zwar angedeutet, aber der
Flußlauf ist in rein nördlicher Richtung bis zur Mündung
dargestellt. Von den Nebenflüssen erscheint der Main noch am
deutlichsten, wenngleich zu weit nördlich angesetzt. Seine Windungen
werden nur angedeutet. Ems und Weser sind kleine Küstenflüsse. Der
doppelte Quellauf der Weser ist nicht vorhanden. Auch der Oberlauf der
Elbe und der Ober- und Mittellauf der Oder sind nicht richtig
dargestellt. Die Netze wirkt eher als Quellfluß denn als
Nebenfluß. Die Weichsel zeigt ein System von Verzweigungen, das der
Wirklichkeit nicht annähernd entspricht. Dabei ist im Nebenflußsystem
eine deutliche Bifurkation mit der Donau etwa da vorhanden, wo die
Mährische Pforte liegen müßte. Nur die Donau zeigt einen einigermaßen
ähnlichen Verlauf, der sich der Wirklichkeit annähert. Allerdings
fehlt im Oberlauf der Scheitelpunkt bei Regensburg. Von Wien ab bis
zur Mündung ist der nach Norden geöffnete Bogen nur angedeutet. Die
Mündung ist richtig als Delta dargestellt. Ebenso wenig entsprechen
auch die Flüsse in Rußland der Wirklichkeit (Abb. 18 und 20). Sie
werden zumeist als kurze Küstenflüsse gezeichnet. Der Don zeigt zwar
sein charakteristisches Knie vor seiner Mündung in das Asowsche Meer,
entspringt aber aus einem See. Die Wolga besitzt ein weitverzweigtes
Mündungsgebiet. Hier liegt die Tatarenresidenz Sara. Die Schleife von
Samara (Kuibitschew) ist angedeutet. Im übrigen bestehen nur geringe
Ähnlichkeiten mit dem wirklichen Verlauf. Von Osten her münden in das
Kaspische Meer eine Reihe von Flüssen, die in Wirklichkeit gar nicht
vorhanden sind.
Die Umrißformen der Britischen Inseln (Abb. 14) weisen die
ptolemäische Gestalt auf. Irland ist im Verhältnis zu
England-Schottland zu groß, aber auch sonst ist die Angleichung an die
wirkliche Form nur andeutungsweise zu erkennen. Die drei
Landschaftsbezeichnungen "Engelantt", "Scotland" und "Irlant" sind
vorhanden. Das äußerste Thule ("thyle") steht an der Nordspitze
Jütlands im Skagerrak und nicht bei den [S.60] Britischen Inseln. Aus
der Photographie ist außerdem deutlich zu ersehen, daß eine große
Anzahl zum Teil schwer zu entziffernder Namen eingetragen sind, die
allem Anschein nach in der Hauptsache Landschaftsbezeichnungen
sind. Es sind dies ihrer viel mehr, als auf den Faksimiles von
Ghillany und Ravenstein verzeichnet sind. Weiter westlich von Irland
im Atlantischen Ozean liegt die sagenhafte Insel "brazil", deren Name
später auf das neuentdeckte Südamerika übertragen wurde
(Abb. 14).
Die Gebirge Europas werden rein schematisch durch aneinandergereihte
Berggipfel veranschaulicht. Ihre Lage ist vielfach ungenau. Man
erkennt deutlich, daß, abgesehen von der Mitteldeutschen
Gebirgsschwelle, den Alpen, dem Apennin und den iberischen Gebirgen,
damals keine rechte Vorstellung vom Verlauf der übrigen europäischen
Gebirge bestand. Auf der Balkanhalbinsel (Abb. 17) sind die
Dinarischen Alpen und der Balkan nur andeutungsweise eingetragen. In
Osteuropa herrscht völlige Willkür. Die Waldaihöhe (Abb. 18, 20)
erscheint als Hochgebirge mit Ausläufern nach Südosten, der Ural ist
nur leicht angedeutet.
Die Namenbezeichnungen sind für den europäischen Raum seltsam
regellos, und wenn auch die Staatennamen einigermaßen richtig liegen,
so trifft dies für die Landschafts- und Städtenamen zum Teil nicht
mehr zu. Eine Reihe von Landschaftsnamen und einige wenige Städtenamen
- Paris, Brünn, Lemberg, Lissabon, Venedig, Rom - sind leicht zu
erkennen (Abb. 18), weniger deutlich weitere Städtenamen wie
Stockholm, Bergen, Bristol, Florenz, Neapel. Nach vielen anderen Namen
sehr bedeutender Städte, merkwürdigerweise auch nach dem Namen
Nürnberg, sucht man vergeblich. Aber es liegen im farbigen Untergrund
noch eine Reihe dunkelfarbiger Schriftzeichen, die als Städte- und
Flußnamen zu deuten sind. Wie vorsichtig man mit der Auswertung der
vorhandenen Faksimiles sein muß, zeigt ein Beispiel: das
Ravensteinsche Faksimile trägt die Bezeichnung "buchenlant" etwa in
der Gegend des heutigen Bulgarien. Ein Vergleich mit der jetzt
hergestellten Photographie zeigt aber, daß es "krichelant" heißen
muß. Das politische Bild wird durch kleine, sehr fein ausgeführte
Miniaturwappen der Meisterhand Glockendons gekennzeichnet. Ebenso hat
er den deutschen Kaiser zweimal, und zwar in Österreich sowie in
Holstein, den Ordensmeister von Preußen im Weichselgebiet thronend
dargestellt (Abb. 16).
Der asiatische Kontinentalblock führt, wie wir schon gesagt haben,
seine Umrißform im wesentlichen auf die der Ptolemäusausgabe von 1486
beigelegte Karte des D.N. Germanus und für Ostasien auf die
Reiseberichte Marco Polos zurück. Der gesamte Südrand zeigt eine
eigentümliche, der Wirklichkeit nicht entsprechende Umrißform, und der
Indische Ozean ist als ein mare clausum dargestellt (Abb. 21, 44-51,
68, 70, 72, 74). Die arabische Halbinsel schiebt sich mit einem
Vorsprung nach Osten, die hinterindische mit der Halbinsel "Coylur"
nach Westen vor, und den Süden des Indischen Ozeans schließt eine
Gruppe größerer und kleinerer Inseln ab, darunter Zanzibar und
Madagaskar (Abb. 70 und 47). Eigenartig berührt es, daß bei allen,
wenn auch vielfach phantastischen Vorstellungen von Indien man seine
Halbinselform noch nicht erfaßt hat; Vorderindien verschwindet auf dem
Erdapfel ganz und gar in der asiatischen Landmasse. Die westöstliche
Ausrichtung des Persischen Golfes, des "mer persia" (Abb. 21),
vergröbert die westöstliche, an sich schon übermäßige Verzerrung. Hier
an seinem engen Ausgang zum Ozean liegt das sagenhafte Ormus. Nur eine
ganz geringfügige Landausstülpung teilt den Ozean in ein westliches
"mare Indicum" und einen östlichen "occeanus Indicus". Die Gliederung
wird noch durch die dem Festlande vorgelagerte Insel "Taprobana",
d. i. Ceylon, unterstrichen (Abb. 46). Auch in der Gegend von Birma
tritt nur andeutungsweise eine kleine, hakenförmige Halbinsel
hervor. Hier zeigt der Globus das sagenhafte Land und Meer des ebenso
sagenhaften "großen kaiserpristers Johan aus India" (Abb. 50). Ihn
hielt man zu Behaims Zeiten noch für eine geschichtliche
Realität. [S.61]
Von hier gen Osten vermerkt Behaim inmitten der gewaltigen
hinterindischen Landmasse das Gebiet Murfili ("murfiili regio",
Abb. 50), während man südwärts zu den Königreichen "moabarr" und "lar"
und von da südwestwärts nach der Halbinsel "Coylur" gelangt
(Abb. 51). Murfili, Lar und Maabar sind Gebiete, die Marco Polo
beschrieben hat; sie lagen jedoch an der Südostküste der
vorderindischen Halbinsel zwischen dem Mündungsgebiete des Kistna und
Kap Comorin und sind auf dem Erdapfel irrtümlich in den
hinterindischen Raum verlagert worden. (29) Auch
der Halbinsel Coylur, die nach ihrer Lage an Malakka erinnert,
entspricht in Wirklichkeit ein vorderindisches Gebiet; denn die
beigefügte Legende verlegt hierhin den Märtyrertod des heiligen
Thomas, der sich nach einer auch von Marco Polo wiedergegebenen Sage
in der Gegend von Madras ereignet haben soll.
Die Darstellung der südost- und ostasiatischen Küsten und der
pazifischen Inselwelt, für die Marco Polos Reisebericht als Quelle
dient, läßt der gestaltenden Phantasie Tür und Tor offen. Es ist
nichts von dem wirklichen Küstenverlauf auch nur andeutungsweise zu
merken (Abb. 51, 53, 52, 29, 31, 30). Noch im chinesischen Bereich,
nordöstlich vom Königreich "Ciamba", das wohl Indochina entspricht, (30) tritt mehrfach der Name "India" auf (Abb. 52, 29,
31). Nordwärts schließen sich daran die Bezeichnungen "thebet, ein
konikreich" und das sagenhafte "Cathaja" Marco Polos, das heutige
China (Abb. 31). Die Darstellung der malaischen Inselwelt ist auf dem
Erdapfel, wie anders nicht zu erwarten, durchaus hypothetischer
Natur. Der Halbinsel Coylur ist im Osten die große Insel "Seilan"
vorgelagert (Abb. 51 und 74). Hier ist Behaim das Mißgeschick
zugestoßen, daß er die Insel Ceylon, die wir bereits unter dem aus dem
Altertume stammenden Namen Taprobana in den Globus eingetragen fanden
(Abb. 46), nach Marco Polos Bericht von Zeilan zum zweiten Male
darstellte, und zwar nun in gänzlich falscher Lage. Weiter nach Osten
folgen die Inseln "pentan" und "Java minor", dann "Neucuram", "Java
maior", "Angama" und "Candyn" (Abb. 53, 55, 76, 78). Mit den fünf
erstgenannten sind gemeint die Insel Bintang an der östlichen Mündung
der Straße von Malakka, Sumatra, die Nikobaren, Java und die
Andamanen. (31) Der nach Norden anschließende Raum
soll nach Marco Polo mehr als 12700 bewohnte Inseln
enthalten. Infolgedessen sind hier eine Unzahl unbenannter Inseln
eingezeichnet (Abb. 31, 54, 55, 80-83). Von den drei benannten gehen
die Namen "argire" (?) (Abb. 54, rechts unten), "Crisis" (Abb. 82)
und "thilis" auf Isidor von Sevilla, wie schon erwähnt,
zurück. Innerhalb dieses Inselgewirres liegt die sagenhafte Großinsel
Cipangu, die dem heutigen Japan entspricht (Abb. 81-82). Allerdings
ist sie viel zu weit vom asiatischen Festland ostwärts gerückt,
wodurch der von Europa trennende Meeresraum, wie wir bereits wissen,
unverhältnismäßig stark verkürzt wird.
Die Innenarchitektur des asiatischen Kontinentes ist notwendigerweise
eine Mischung von Wahrheit und Dichtung. Vorderasien ist deutlich mit
Gebirgszügen erfüllt (Abb. 19 und 21). Auch die zentralasiatische
Gebirgswelt wird dargestellt, allerdings in den einfachsten und
schematisierten Formen, die auf Ptolemäus zurückgehen. Der Himalaja
wird als "jarmoos das gebirg" oder als "jrmaes das gebirg" benannt
(Abb. 25). Es erstreckt sich in einem langen westöstlich gerichteten
Gebirgszug. Alle übrigen Gebirge sind absolut willkürlich
eingezeichnet. Ähnlich steht es mit dem Flußnetz. Eine Reihe
sibirischer Großflüsse ist vorhanden. Auch Ostasien weist große [S.62]
Flüsse auf. Nach Süden zu ist das Flußnetz infolge der Verkürzung der
Landmasse notwendigerweise mehr ein küstenflußartiges. So ist der
Indus nur ein ganz kurzer Küstenfluß, allerdings mit einem breit
angelegten, der Wirklichkeit angenäherten Delta (Abb. 23). Das gleiche
gilt vom Ganges (Abb. 48). Die Namen sind schwer zu entziffern, aber
aller Wahrscheinlichkeit nach vorhanden. In Hinterindien kommt ein
längerer Fluß vom Himalaja herab, "bramah" benannt, der vielleicht auf
den Brahmaputra hinweist (Abb. 25).
Das Siedlungsbild wird in der bildhaften Form der weißen Stadttore mit
spitzen, roten Dächern vermittelt. Je nach der Größe haben die
Siedlungen zwei bis vier solcher Stadttore. Es würde zu weit führen,
auf jede Einzelheit einzugehen. Die Ravensteinsche Untersuchung über
die quellenmäßige Auswertung des Marco Poloschen Reiseberichtes durch
Martin Behaim ist so eingehend, daß wir uns Einzelheiten darüber
ersparen können. (32) Das Schriftbild wechselt
zwischen bloßen Namen und erläuternden Legenden. Daß einzelne Namen
doppelt und in verschiedenen Landschaften erscheinen, hat auch
Ravenstein schon betont. (33) Neben rein
geographisch-historischen Mitteilungen, wie etwa der auf Alexander den
Großen bezugnehmenden, stehen auch zahlreiche sachliche Angaben über
die Landesprodukte. Die Tierwelt wird bildlich dargestellt. Eine große
Rolle in den Erläuterungen spielen naturgemäß die in der damaligen
Zeit ins Märchenhafte umgestalteten Gewürzinseln. Die ganze Sehnsucht
der menschlichen Phantasie nach Gold und Edelsteinen spiegelt sich
darin wider, wie die kaufmännische nach den begehrten Gütern der
fernen Länder. Charakteristisch hierfür ist eine ausführliche Legende
(Abb. 44, 45, 68, 69), die nach zwölf Punkten geordnet den Handelsweg
angibt, den die Spezereien von den Gewürzinseln über die Insel
St. Thomas nach Venedig nehmen und von da nach Deutschland, Frankreich
und England, um endlich in die Hände der Bremer Kaufleute zu
gelangen. Behaim weist auf den Zoll und die damit erfolgte Verteuerung
der Ware vom Gestehungsort bis zum Verbraucher hin. Auf die Mißernten
in Indien nimmt er dabei auch Bezug. Zum Schluß beruft er sich für
seine Angaben auf den Meister Bartholomäus aus Florenz, der diese
Tatsachen dem Papst Eugen IV. in Venedig im Jahre 1424 berichtet habe
und als Gewährsmann gelten könne, da er 24 Jahre lang in Indien
geweilt habe. Es wird daraus der alte Überlandhandelsweg mit Venedig
als Umschlagshafen sichtbar, auf dem der Handelsverkehr allerdings
infolge der Einnahme Konstantinopels durch die Türken 1453 langsam zum
Erliegen kommt.
Der letzte Erdteil der alten Welt - Afrika - findet auf dem
Behaim-Globus eine verhältnismäßig richtige Darstellung (Abb. 15, 17,
19, 38, 40-45, 66, 68). Allerdings unterliegt auch diese,
insbesondere, was die Innenarchitektur anlangt, ganz der ptolemäischen
Vorstellung, die auch weiterhin in den folgenden Jahrhunderten mit
einigen Variationen Geltung behält, bis dann die Erforschung dieses
Kontinentes im 18. und 19. Jahrhundert das Innenbild verändert. Aber
die Umrißformen sind im wesentlichen zu Zeiten Behaims
bekannt. Insbesondere unterliegt die Westküste seit fast einem
Jahrhundert einer intensiven Erforschung durch die Fahrten der
Portugiesen, die in unermüdlichem Drange seit Heinrichs des Seefahrers
Zeiten den Schifffahrtsweg um Afrika nach Indien suchen. Zur Zeit
Behaims ist die Südspitze bereits erreicht. Er selbst hat an der
Expedition des Diogo Cão in den Jahren 1484 und 1485
teilgenommen, wie die ausführliche Legende an der Südspitze Afrikas
beweist (Abb. 66-67). Man kann unschwer die Fortschritte der
Portugiesen an der afrikanischen Westküste am Behaim-Globus ablesen,
da diese von Namensbezeichnungen und Daten strotzt, während die
Ostseite noch unbekannt und deshalb fast leer ist. Der Verlauf der
Westküste ist gleichermaßen auf dem Globus ziemlich richtig [S.63]
dargestellt, während die Ostküste noch viel zu wünschen übrig läßt. Da
Bartholomäus Dias die Südspitze 1489 zwar erreicht, sie aber nicht
umfahren hat, beginnen hier die Irrtümer in der Darstellung, die vor
allem darin bestehen, daß der Küstenverlauf zu weit nach Osten
ausgedehnt wird und Afrika im Süden jenen unmöglichen
halbinselartigen, ostwärts gerichteten Vorsprung erhält (Abb. 43, 44),
durch den der Indische Ozean von Westen her zu einem Binnenmeer
gemacht wird. Und da die Lage der beiden Inseln Madagaskar und
Sansibar noch unbekannt ist, setzt sie Martin Behaim in der Richtung
der ostwärts weisenden Halbinsel an, so daß der Abschluß des Ozeans
nach Süden ein vollständiger wird (Abb. 47, 70).
Der uns am meisten interessierende Punkt der Westküste ist derjenige,
zu dem Martin Behaim selbst vorgedrungen ist. Er wird durch eine
Karavelle und die portugiesische Wappenfahne gekennzeichnet und ist
mit folgender kurzen Legende versehen: "hie wurden gesetzt die seulen
des konig von portogal ão domini 1485 d. 18. jan." (Abb. 64). Eine
darunter gesetzte ausführlichere Legende (Abb. 66, 67) gibt den
Verlauf der Fahrt von Lissabon bis zu diesem Punkt und die Rückkehr
nach 19 Monaten wieder. Die Länge der Fahrt wird mit 2300 Meilen
angegeben. (34) Bezeichnenderweise wird der
Umkehrpunkt von Behaim viel zu weit südlich angesetzt. Bis dahin ist
Diogo Cão gar nicht gekommen. Untersuchungen haben ergeben, daß die
Umkehr etwas nördlich von der heutigen Walfischbai erfolgt sein muß,
während die Behaimsche Markierfahne weit südlicher an der heutigen
Lüderitzbucht steht. Worauf diese Unstimmigkeit zurückzuführen ist,
wird heute schwerlich zu entscheiden sein. S. Günther (35) ist der Meinung, Behaim habe sich bei seiner
Darstellung von berechtigtem Ehrgeiz leiten lassen, nachdem der
Nachfolger des Diogo Cão, der berühmte Bartholomäus Dias, mit mehr
Glück die Südspitze Afrikas im Jahre 1489 erreicht hatte. Es ist
unserer Meinung nach keine bewußt falsche Eintragung, sondern eine für
die damaligen Zeiten charakteristische ungenaue. Behaim anerkennt
gerechterweise die Tat des Bartholomäus Dias dadurch, daß er dessen
Umkehrpunkt, allerdings ohne eine Namensnennung und Datum,
gleicherweise mit einer Wappenfahne markiert und die beiden Karavellen
dazu malen läßt (Abb. 66). Dieser Punkt trägt den Namen "Capo leto"
und noch nicht den ihm von König Johann verliehenen und heute üblichen
"Caput bonae Spei". Auch hier erläutert eine kurze Legende (Abb. 68)
das Setzen von Säulen und die Dauer der Fahrt, die meines Erachtens
mit 29 Monaten angegeben wird und nicht, wie auf den Faksimiledrucken
des Ghillany und Ravenstein, mit nur 19 Monaten. Mit dieser Eintragung
hören auch alle genauen Bezeichnungen an der afrikanischen Küste
auf.
Die Nordküste Afrikas und das Gebiet des Roten Meeres sind dem
ptolemäischen Vorbild nachgestaltet und beschriftet. Das Rote Meer
selbst, in Purpurfarbe dargestellt, ist in seiner Grabenform
verhältnismäßig richtig gezeichnet (Abb. 19, 42). Allerdings fehlen
die beiden Fortsätze nach Norden, der Golf von Suez und der von
Akaba. Die Enge von Aden und der "Sinus arabicus" sind ziemlich
richtig in ihrer Umrißform; nur der charakteristische Vorsprung des
Kap Guardafui tritt nicht genügend scharf hervor. Allerdings sind das
Rote Meer sowohl wie der Golf von Aden (Sinus arabicus) mit einer
Unzahl von unbenannten Inseln erfüllt, die in keiner Weise der
Wirklichkeit entsprechen. Es soll wohl damit die Schwierigkeit und
Gefährlichkeit der Seefahrt in diesem Gebiet gekennzeichnet
werden.
Innerafrika ist, wie schon gesagt, durchaus ptolemäisch
dargestellt. Das Atlasgebirge ist bekannt und erfüllt den
afrikanischen Nordwesten (Abb. 15). Alle anderen [S.64]
Gebirgsdarstellungen sind mehr oder minder Phantasie. Im südlichen
Afrika erheben sich die ptolemäischen Mondberge ("lune montes"), aus
denen der eine Quellfluß des Nils herabströmt (Abb. 43). Erstaunlich
wirkt es, wie der Flußlauf des Nils verhältnismäßig richtig
dargestellt wird im Gegensatz zu den Kartendarstellungen des folgenden
Jahrhunderts, so daß selbst ein Mercator dem Behaimschen Globus darin
nicht gleichkommt. Der Weiße Nil durchströmt mit seinen Quellflüssen
einen See nördlich der Mondberge (Abb. 43); der Blaue Nil kommt aus
dem Gebiet des heutigen Abessinien (Abb. 42). Allerdings ist dieses
nur ganz schwach als Gebirgsland markiert und als "Saba aromata"
bezeichnet. Die Gebirgsdarstellung trägt den Namen "elefas monte"
(Abb. 42). Beim Weißen Nil allerdings, der, wie der ganze an seinem
Delta deutlich erkennbare Nilstrom, unbenannt ist, bleibt ein größeres
Mittelstück bis zur Vereinigung mit dem Blauen Nil unlesbar (Abb. 43,
42).
Die Inselwelt des Atlantischen Ozeans ist, soweit sie Martin Behaim
bekannt ist, dargestellt. Aber auch er unterliegt, wie noch eine Reihe
seiner kosmographischen Nachfolger, der irrtümlichen Annahme, daß es
im Ozean Inseln gäbe, die in Wirklichkeit gar nicht vorhanden
waren. Die sagenhafte Insel "brazil", westlich von Irland, haben wir
schon erwähnt (Abb. 14). Immer wieder erscheint sie auf den
Weltkarten, bis ihr Name schließlich an dem neuentdeckten Südamerika
hängen bleibt. Das gleiche gilt von der ebenso sagenhaften Insel des
noch sagenhafteren heiligen Brandan. Sie liegt weit westlich im
Atlantischen Ozean, gewissermaßen als Brückenpfeiler zum Gegengestade
(Abb. 32 und 34). Im Jahre 565 nach Christi Geburt soll hier ein
heiliger Brandan mit seinem Schiff gelandet sein und sieben Jahre
verweilt haben, wie eine Legende neben der Insel besagt. Unklarheit
bestand auch über die "Insula antilia" (Abb. 34). Bekanntlich ist
dieser Name heute noch in den Inselgruppen der Großen und Kleinen
Antillen lebendig geblieben. Aus der Bezeichnung insula antilia schloß
man vielfach, daß Martin Behaim der Wegweiser für Columbus gewesen
sei. Demgegenüber steht aber die Tatsache, daß dieser Inselname
bereits auf einer Karte aus dem Jahre 1424 verzeichnet ist, die sich
heute noch in der Weimarer Bibliothek befindet. (36) Die Lage der Azoren (Abb. 12-13) und der Kap
Verdischen Inseln (Abb. 36) ist verhältnismäßig richtig
dargestellt. Hier geht Martin Behaim ausschließlich auf portugiesische
Quellen zurück, wie auf die als "Ginea portogalexe" bezeichnete Karte
von 1485, ohne allerdings ihre Genauigkeit zu erreichen. (37) In der Gruppe der Azoren wird die Insel Fayal
auch als Neuflandern benannt, da flämische Siedler hier ansässig
waren. (38)
Diese Insel blieb die Wahlheimat seiner letzten Jahre, wo er vergrämt
und enttäuscht bis zum Jahre 1506 noch gelebt hat. Am 29. Juli dieses
selben Jahres ist er in Lissabon gestorben. Eine nachgetragene Legende
auf dem Globus gibt uns davon Kunde (Abb. 12). Daß es ein einsames und
glückloses Sterben in einem Spital war, davon allerdings steht nichts
in der Legende. In Portugal hat man ihn vergessen und als politisch
Geächteten wenig mehr seiner gedacht. Dies mag wie Dr. Kohlhaußen
bemerkt, für ausländische Forscher Anlaß genug gewesen sein, ihn als
vollkommenen Dilettanten abzustempeln. Daß er es nicht gewesen ist,
beweist allein schon sein Werk, das nunmehr die 450 Jahre überdauert
hat und für uns und unsere Zeit einen unschätzbaren Wert besitzt, den
zu erhalten und zu betreuen, aber auch weiterhin zu erforschen, eine
besondere Aufgabe sein soll.
---
Die Faksimile-Wiedergabe des Behaim-Globus beruht auf
Spezialaufnahmen, die vom Columbus-Verlag Paul Oestergaard
K.-G., Berlin-Lichterfelde, hergestellt wurden (Photograph: Bruno
Blum). Die Genehmigung zur Photographie wurde von dem
Germanischen Nationalmuseum zu Nürnberg erteilt; das
Ibero-Amerikanische Institut ist dem Direktor des Museums Herrn
Dr. H. Kohlhaußen, für vielseitige Förderung zu besonderem
Danke verpflichtet.
Die vorangestellte Gesamtaufnahme zeigt den Globus in 1/5 der
natürlichen Größe. Der zum Globusgestell gehörende Horizontalring ist
vor Herstellung der Farbenphotographie abgenommen worden. Die beiden
weißen Stellen der Globusoberfläche beruhen auf Lichtreflexen.
Für die Herstelllung der 92 Einzelbilder ist der Globus in zwei
Polarkalotten zu je 7 Bildern und in sechs extrapolare Breitenzonen zu
je 13 Bildern aufgegliedert worden. Jedes Bild entspricht einem
Ausschnitte aus der Kugeloberfläche von etwa 13 x 18 cm Größe und
überschneidet sich an den Rändern so weitgehend mit den benachbarten
Bildern, daß die Anschlüsse leicht erkennbar werden.
Die Wiedergabe im Druck erfolgt ungefähr in 9/10 der Originalgröße.
Die Bilder sind auf den Seiten dieses Heftes so angeordnet, daß nach
Möglichkeit je vier oder doch wenigstens je zwei benachbarte
Globusausschnitte auch im Druck benachbart vorgeführt werden, wie die
im nachfolgenden Schema durch starke Umrahmungen angedeutet
ist.
Nachdruck und Nachbildung des farbigen Gesamtbildes und der 92
Teilbilder sind verboten.
Die Abbildungen auf Seite 2--48 sind herausgegeben mit
Unterstützung des Reichsinstituts für Seegeltungsforschung in
Berlin.
Aus furbitt [und] beger der fürsichtigen erbarn und weisen als der
obersten Haubtleut der löblichen Reichstat Nurnberg Die dann zu
diesen Zeiten geRegiert haben Mit namen Hern Gabriel Nutzel He^r
Paulus folckmen Und Hrn Niclaß Grola[ndt] ist dise figur des appfels /
gebracktizirt [und?] gemacht worden aus kunst angebung und ubung
durch den gestrengen und erbern Hern Martin peheim Ritter der sich
dann jn dieser kunstt kosmografia vil erfarn hat Und bey einem
drittel der welt umbfarn [.] Solchs a[lle]s m[it Fl]eiß
aus[gezo]gen aus den / püchtern tholomei pliny straboni und marcko
polo und also zusamen gefücht alles Meer und ertrich yttlichs[?]
nach seiner gestalt und furm [.] Solches alles dem erbern georg^e
holtzschuer von Ratswegen durch die gemelt[en Haubtleut?] befollen
worden ist / darzu er dann geraten und geholffen hat Mit moglichem
fleyß [.] Solche kunst und appfel ist gepracktizirt und gemacht
worden Nach cristi gepurt 1492 jar der dan durch den gedachten Her:
Martin pehem gemei[....] nürmberg zu ern und / letz hinter jn
gelassen hat Sein [in?] allen zeit^e in gut zu gedenck^e Nach d^e er
von HpnA[?] wider heim wendet zu seinem gemahel[?] das dann ob 700
meil von hinn ist da er haus helt und sein tag in seiner Insel zu
[besc]hleissen do er daheim ist.
(1) Das Geschlecht der Behaim von Schwarzbach stammt
ursprünglich aus Böhmen, ist aber schon in frühen Zeiten nach Nürnberg
übergesiedelt. Der Stadtbibliothekar von Nürnberg, F.W. Ghillany,
stellt in seiner noch heute maßgeblichen Biographie über Martin Behaim
als dessen wahrscheinliches Geburtsjahr das Jahr 1459 fest. (Ghillany,
F. W.: Geschichte des Seefahrers Ritter Martin Behaim nach den
ältesten vorhandenen Urkunden bearbeitet. Nürnberg 1853.)
(2) Nach der Stadt Laon benannt, wo er 1860 von
M.L. Leroux in einem Trödelladen aufgefunden wurde, nach Paris
gelangte und dort wieder verloren gegangen sein soll. Er trägt das
sehr umstrittene Datum 1493 und ist ein Metallglobus aus vergoldetem
Kupfer. Vermutlich handelt es sich bei ihm um den Bestandteil eines
astronomischen Uhrwerkes, worauf auch seine Kleinheit - 170 mm
Durchmesser - deutet.
(3) Siehe Alfonso X. [König von Kastilien und Léon,
1252-82]: Libros del saber de astronomia del Rey Alfonso X de
Castilla, copilados, anotados y comentados por Manuel Rico y
Sinobas. Madrid l863-67. (5 Bände.)
(4) Uhden, R.: Der Behaimsche Erdapfel und die
Nürnberger Globustechnik. In: Comptes Rendus du Congrès International
de Géographie, Amsterdam 1938, II, 4, S. 202 f.
(5) Siehe Uhden, R.: a. a. O.
(6) Fiorini, M.: Erd- und Himmelsgloben, ihre
Geschichte und Konstruktion. Bearb. v. S. Günther. Leipzig
1895.
(7) Petz, J., in: Mitteilungen
d. Ver. f. d. Geschichte der Stadt Nürnberg, Heft VI, 1886.
(8) Ghillany, F.W.: Geschichte des Seefahrers Ritter
Martin Behaim. Nürnberg 1853.
(9) Ravenstein, E.G.: Martin Behaim, his life and his
globe. London 1908.
(10) Kohlhaußen, H.: Der Erdapfel Martin Behaims vom
Jahre 1492. In: Atlantis, Leipzig und Zürich, X, 1938,
S. 114-117.
(11) Der Behaim-Globus ist dreimal in "Faksimiles in
solido" nachgebildet und fünfmal in "Faksimiles in plano", also in
bildhaften Darstellungen, wiedergegeben worden. Zuerst fertigte
E.F. Jomard im Jahre 1847 für die Bibliothèque Nationale zu Paris eine
körperliche Nachbildung. Nach dieser Kopie wurde 1892 eine weitere für
die Weltausstellung in Chicago hergestellt, die heute im National
Museum zu Washington steht. Eine dritte Nachbildung wurde gleichfalls
im Jahre 1892 im Auftrag der portugiesischen Kommission für die
Vierhundertjahrfeier der Entdeckung Amerikas angefertigt. Das älteste
Faksimile in plano stammt aus dem Jahre 1770 und wurde von
I.G. Doppelmayr, einem bekannten Globushersteller, gezeichnet. Es ist
eine Abbildung kleinen Maßstabes in Globularprojektion von 196 mm
Durchmesser. Ch.G. Murr hat in seinem Buche "Diplomatische Geschichte
des Ritters Martin Behaim" (Nürnberg 1778) ein Faksimile von einem
Teil des Behaimschen Erdbildes veröffentlicht, das er als genaue Kopie
des Globus bezeichnet. Die nächsten beiden Faksimile-Wiedergaben sind
die von Dr. F.W. Ghillany in seiner "Geschichte des Seefahrers Ritter
Martin Behaim" vom Jahre 1853 und von E.F. Jomard in den "Monuments de
la géographie" von 1854. Als fünfte folgt schließlich die Wiedergabe
von E.G. Ravenstein in seiner Biographie: "Martin Behaim, his life and
his globe" (London 1908). Es ist die Abbildung der Pariser Globuskopie
und zwar in 13 Segmenten, von denen sich 11 über 30 Grade und zwei
über 15 Grade erstrecken. Dazu kommen noch die beiden
Polarregionen. Der Maßstab ist derjenige des Originals. Alle diese
Faksimiles zeigen in ihrer Darstellung erhebliche
Verschiedenheiten. Jedenfalls kann nach der Barfuß'schen Restauration
keines von ihnen noch länger als wirklich zuverlässige Wiedergabe
gewertet werden.
(12) Günther, Siegmund: Martin Behaim. Bamberg 1890.
(13) Ravenstein: a a.O.
(14) a.a.O., S. 59.
(15) a.a.O., S. 59.
(16) Muris, O.: Die Geschichte der Globen und das
geographische Weltbild im Wandel der Jahrhunderte. Ungedrucktes
Manuskript, erscheint demnächst beim Columbus-Verlag, Berlin. -
Muris, O.: Der Erdapfel des Martin Behaim. In: Geographischer
Anzeiger, Jahrg. 1942, Heft 13-16, S. 278 ff.
(17) Ravenstein: a.a.O., S. 62.
(18) Marco Polo, geboren in Venedig 1250. Mit
seinem Vater und Onkel unternimmt er die Reise nach China im Jahre
1271 und kehrt 1295 nach Venedig zurück.
(19) Ravenstein: a.a.O., S. 63.
(20) Gedruckt 1485 in Antwerpen bei G. de Leeu.
(21) Bovenschen, A.: Untersuchungen über Johann von
Mandeville und die Quellen seiner Reisebeschreibung. In: Zeitschrift
der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin, Band 23, 1888,
S. 177ff.
(22) Ravenstein: a.a.O., S. 62.
(23) a.a.O., S. 62 ff.
(24) Wieser: Magelaenstraße und Australkontinent auf
den Globen des Johannes Schöner. Innsbruck 1881.
(25) Günther, S.: Martin Behaim, Bamberg 1890.
(26) Ravenstein: a.a.O., S. 65.
(27) Ravenstein: a.a.O., S. 69.
(28) Stauber, R.: Die Schedelsche Bibliothek. Freiburg 1908.
(29) Siehe Polo, Marco: Die Reisen des Venezianers
Marco Polo im 13. Jahrhundert. Bearbeitet und herausgegeben von Hans
Lemke. Hamburg 1908. Fußnoten des Herausgebers auf S. 466, 467,
449.
(30) Über das Königreich Ziamba vergl. Polo, Marco,
a.a.O., S. 428-430.
(31) Vergl. die Fußnoten von Hans Lemke in Polo,
Marco, a.a.O., S. 434, 435, 446, 447.
(32) a.a.O., Karte 5 im Anhang.
(33) a.a.O.
(34) Daß die Legende im Ravensteinschen Faksimile
die Jahreszahl 1434 trägt statt 1484, obwohl die Zahl deutlich als
letztere zu lesen ist, beweist, wie vorsichtig man in der Benutzung
der Faksimile verfahren muß.
(35) Günther: a.a.O., S. 28.
(36) Günther: a.a.O., S. 42.
(37) Ravenstein: a.a.O., Karte 4 in der Anlage.
(38) Der Generalgouverneur dieser Insel war der
Flame Jobst Huerter. Behaim wurde durch die Heirat mit Johanna Huerter
(d'Utra) 1486 sein Schwiegersohn.
Guenther Goerz
Last modified: Thu Oct 13 01:39:21 CEST 2005